Gentechnik – Pro und Kontra
Die Gentechnik ist ein ziemlich umstrittenes Teilgebiet der Biotechnologie. Sie ist ein auf den Kenntnissen der Molekularbiologie aufbauendes Verfahren zur Anwendung gezielter Eingriffe in das Erbgut und/oder in die biochemischen Steuerungsvorgänge von Lebewesen bzw. viraler Genome. Das Thema wird sehr kontrovers diskutiert. Es gibt Befürworter und es gibt eingefleischte Gegner. Doch was genau ist das eigentlich: die Gentechnik? Ich möchte Ihnen Informationen geben und so die Voraussetzung dafür schaffen, dass Sie selbst in der Lage sind, sich ein Bild zu machen und eine eigene Meinung darüber bilden können.
Es werden drei große Anwendungsbereiche der Gentechnik unterschieden:
- Die grüne Gentechnik (alternativ: Agro-Gentechnik): Die Anwendung gentechnischer Verfahren in der Pflanzenzüchtung, die Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft und im Lebensmittelsektor.
- Die gelbe oder rote Gentechnik: Die Anwendung der Gentechnik in der Medizin zur Entwicklung von diagnostischen und therapeutischen Verfahren und von Arzneimitteln.
- Die graue oder weiße Gentechnik: Die Nutzung gentechnisch veränderter Mikroorganismen zur Herstellung von Enzymen oder Feinchemikalien für industrielle Zwecke, in der Mikrobiologie und der Umweltschutztechnik.
Die Begriffe Grüne, Gelbe/Rote und Graue/Weiße Gentechnik sind keine fest definierten Bezeichnungen. Im öffentlichen Sprachgebrauch ist nur die Bezeichnung „Grüne Gentechnik” weiter verbreitet.
Insbesondere erforscht die Gentechnik die Methoden zur Isolierung von Genen und zur Herstellung neukombinierter DNA, vor allem auch über Art-Grenzen hinweg. Dies ist möglich, weil (fast) alle Lebewesen denselben genetischen Code benutzen (siehe aber: codon usage). Als Ziele gentechnischer Anwendungen werden die Verbesserung des Saatgutes oder die einfachere Herstellung von Medikamenten genannt.
Technik zur Veränderung der Gene
Genauer beschäftigt sich die Gentechnik mit der in vitro-Verknüpfung von Nukleinsäure-Molekülen zu neuen, vermehrbaren Molekülen, die Einführung solcher Moleküle in einen Empfängerorganismus und die Vermehrung der neukombinierten Moleküle in diesem Organismus. Meistens wird zunächst die DNA eines Spenderorganismus isoliert und in Fragmente brauchbarer Größe zerlegt. Weiterhin muss ein geeigneter Vektor (ein Transportvehikel zur Übertragung der Spender-DNA in eine Wirtszelle) isoliert und aufgeschnitten werden. In einem dritten Schritt bringt man die Vektor-DNA mit der fragmentarischen Spender-DNA zusammen und sorgt dafür, dass ein Fragment der Spender-DNA vom Vektor aufgenommen wird. Danach überträgt man die im Vektor neukombiniert vorliegende DNA in die Zellen eines geeigneten Empfängerorganismus und vermehrt die Zellen mit der gewünschten neuen genetischen Information. Neue Entwicklungen ermöglichen das Einpflanzen von Fremdgenen an vorherbestimmten Orten im Genom; dadurch werden die Produktionseigenschaften der modifizierten Zelle vorhersagbar (RMCE-Kassettenaustauschverfahren). Wenn all dies gelungen ist, stellen die Zellen des Empfängerorganismus z.B. ein vom Menschen gewünschtes Genprodukt her, etwa ein Protein, das in gereinigtem Zustand vermarktet werden kann. Solcherart genetisch modifizierte Organismen nennt man transgene Organismen oder gentechnisch veränderte Organismen (GVO), zum Beispiel transgener Mais.
Als Vektoren werden oft Plasmide aus Bakterienzellen verwendet. Bei den Plasmiden handelt es sich um kleine, ringförmige DNA-Moleküle, die eine Schnittstelle für ein Restriktionsenzym besitzen, das den Plasmidring öffnet und dadurch für die Aufnahme von Fremd-DNA empfänglich macht. Mit Hilfe von Ligasen wird die Fremd-DNA im Plasmid fest verankert. Nach dieser Manipulation muss das veränderte Plasmid noch zur Vermehrung in eine Bakterienzelle eingeschleust werden. Mithilfe bestimmter Chemikalien lässt sich die Zellwand und Membran des Bakteriums für die Aufnahme des Plasmids durchlässiger machen.
Alternativ kann die Fremd-DNA auch durch ein modifiziertes Virus, das zur eigenen DNA auch die Spender-DNA und die DNA eines Plasmids trägt, in die Zelle des Empfängerorganismus gelangen.
Der Begriff Gentechnik
Gentechnik bezeichnet die Analyse oder gezielte Veränderung von DNA-Sequenzen. Etliche Produkte, die für den Menschen interessant sind (zum Beispiel Insulin, Vitamine), werden von der Industrie mit Hilfe genmanipulierter Bakterien hergestellt. Für den medizinischen Bereich werden heute schon viele Medikamente gentechnisch produziert. In der Landwirtschaft werden Nutzpflanzen gentechnisch „optimiert”. Dabei werden beispielsweise Resistenzen gegen Pestizide (z.B. Glyphosat oder Glufosinat) oder Resistenzen gegen Schädlinge eingebaut. Dieses Verfahren ist jedoch nicht ganz ohne Risiken. So besteht beispielsweise die Gefahr, dass die veränderten Gene ungewollt auf andere Wildtyp-Pflanzen derselben Art oder sogar auf andere Arten übertragen werden (zum Beispiel durch Pollenflug). In welchem Maße und unter welchen Bedingungen dieser horizontale Gentransfer stattfindet wird derzeit intensiv untersucht. Bei Ansätzen zur Nutzung in großem Stil (zum Beispiel Biopharming: Herstellung von Medikamenten durch gentechnisch veränderte Pflanzen) ist eine strenge Kontrolle notwendig. Es gibt auch erste Ansätze, Pflanzen mit verbesserten Ölen (zum Beispiel Raps) oder erhöhten Vitaminkonzentrationen (beispielsweise der Golden Rice) mit Hilfe der Gentechnik herzustellen.
Auch in der Medizin hat die Gentechnik Bedeutung erlangt. Die Zahl der gentechnisch hergestellten Medikamente auf dem Markt nimmt stetig zu. So waren beispielsweise 1999 in der Schweiz schon 40 Medikamente registriert und im Umlauf, deren Herstellung auf gentechnischem Wege erfolgte. Sie wurden gegen die unterschiedlichsten Krankheiten von der Zuckerkrankheit (Insulin für Diabetiker) über Blutarmut, Herzinfarkt, Wachstumsstörungen bei Kindern, verschiedene Krebsarten bis zur Bluterkrankheit eingesetzt. Weltweit befinden sich über 350 Gentech-Substanzen in klinischen Prüfungen mit Patienten.
In der Krebstherapie sind gentechnisch hergestellte Medikamente schon weitgehend etabliert. Durch den Einsatz monoklonaler Antikörper, Interferone und blutbildender Wachstumsfaktoren könnten die Krebstherapien bei bestimmten Tumorarten optimiert, Krankenhausaufenthalte verkürzt oder gar vermieden sowie Lebensqualität gewonnen werden, sagt ein Schweizer Krebsexperte. Auch das Infektionsrisiko sei nachweislich gesunken. Gentechnische Medikamente sind daher aus der Krebstherapie nicht mehr wegzudenken.
Das bekannteste Hormon, das mit Hilfe der Gentechnik gewonnen wird und bereits auf dem Markt ist, ist das Insulin. Das früher produzierte Insulin stammte von Rindern und Schweinen und war nicht hundertprozentig baugleich mit dem des Menschen. Mittels Gentechnik konnte es nun ersetzt werden.
„Alte“ Gentechnik
Schon bevor es möglich wurde, auf molekularer Ebene das Genom eines Organismus zu manipulieren, wurden Keime stark ionisierender Strahlung, Wärme oder anderen genverändernden Einflüssen (Mutagenen) ausgesetzt, um Mutationen im Erbgut häufiger als unter natürlichen Bedingungen hervorzurufen. Die Samen werden ausgesät und die Pflanzen, die die gewünschten Eigenschaften besitzen, werden weiter gezüchtet. Ob dabei auch noch andere, unerwünschte, Eigenschaften entstehen, wird bislang nicht systematisch überprüft.
Diese Technik wurde bei fast allen Nutzpflanzen und, in entsprechenden Verfahren, auch bei einigen Tierarten angewendet.
Irgendwann einmal hatte ein Bauer eine erste Hand voll mit Bohnen. Die hat er dann genommen, um sie in den Boden zu pflanzen mit dem Ziel, dass daraus neue Bohnenpflanzen wachsen sollten, um ihm ganz viele Bohnen zu liefern, von denen er sich dann entweder selbst ernähren konnte oder die er gegen Eier oder Speck eintauschen konnte. Immer aber behielt er eine Handvoll Bohnen zurück, mit denen er dann im nächsten Frühjahr erneut Bohnen ernten konnte. So war das von alters her und wohl von Anbeginn an …
Das hat sich geändert. Da gibt es auf dem Weltmarkt inzwischen etwa 4 ganz große Hersteller, die dem Bauer sagen, er solle diese Handvoll Bohnen doch nicht aus der eigenen Ernte nehmen, denn sie hätten auch Bohnen, die viel mehr Ertrag liefern würden und die nicht von bestimmten Schädlingen angegriffen werden können. Man sagt dem Bauern auch noch, dass man diese Bohnen gentechnisch etwas manipuliert habe, damit sie diese positiven Eigenschaften hätten. Nun denn … wo doch alles so fortschrittlich ist …
Nur: Wenn nun der Bauer nun von diesen neuen Bohnen eine Handvoll nimmt, um wieder neue Bohnen zu pflanzen, dann funktioniert das nicht mehr. Die neuen Bohnen verrotten statt zu keimen.
„Kein Problem“ sagen die Hersteller dieser neuen Saat, wir liefern dir die Bohnen, die du brauchst.
Was ist hier passiert? Fortschritt?
Ich denke, sie haben das Recht meine persönliche Meinung zu kennen, und das in aller Kürze:
Diesen neuen Bohnen fehlt die Fähigkeit, sich zu reproduzieren. Und das ist eine Fähigkeit von Leben schlechthin. Leben kann sich fortpflanzen. Ich denke: Diese neuen Bohnen haben kein Leben mehr. Und ich bin überzeugt, dass wir alle, die diese Bohnen essen, es bald sehr deutlich spüren werden, dass die neuen Bohnen keine „Lebens“-mittel mehr sind. Um ganz deutlich zu sein: ich persönlich brauche keine weiteren wissenschaftlichen Beweise um meine klare Haltung zu begründen:
Wenn Leben sich nicht mehr fortpflanzen kann, gibt es kein Leben mehr. Ich aber will Leben. Ohne Kompromisse.
Kritik an der Gentechnologie
Die Frage nach dem Einsatz der Gentechnologie wird kontrovers diskutiert. Zum einen eröffnet die Gentechnologie Möglichkeiten, die auf konventionellem Weg nicht – oder nicht so schnell – zu erreichen wären. Beispiele hierfür sind die Produktion von Insulin oder Erythropoietin durch gentechnisch veränderte (Mikro-)Organismen, der Versuch der Bekämpfung von Ernährungsmangelkrankheiten durch den Einsatz von so genanntem Goldenen Reis sowie die Bekämpfung des weltweiten Hungers durch das Designen besonders resistenter und ertragreicher Arten.
Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit der unumkehrbaren Auskreuzung der gentechnisch eingebrachten Eigenschaften (z.B. Herbizidresistenzen) in Wildkräuter und die Möglichkeit unerwünschter Nebenwirkungen durch absichtlich oder unabsichtlich mitübertragene Gene. Daneben sehen Kritiker eine mögliche Gefahr für die Arten- und Sortenvielfalt, da die Patentierung und der exklusive Vertrieb von Hybridsaatgut sowie gentechnisch manipuliertem Saatgut durch einzelne Hersteller zur Verdrängung anderer Arten führen und Bauern letztlich abhängig von Saatgut-Herstellern machen könnte. Gentechnisch verändertes Saatgut stellt dabei eine Verschärfung des allgemeinen Problems der Kommerzialisierung der Saatgutproduktion dar. Im Zusammenhang hiermit steht die oft gleichzeitig vorgebrachte Kritik an der Patentgesetzgebung, die sich in den letzten 10 Jahren entscheidend geändert hat (vgl. Biopiraterie).
Des Weiteren gibt es gesundheitliche Befürchtungen, da es in einigen Fällen bei Tierversuchen zu Unverträglichkeiten bei der Fütterung mit einigen bestimmten gentechnisch veränderten Pflanzen kam. Die Zulassungsverfahren in den Ländern der Ersten Welt können dieses Risiko nicht restlos eliminieren, da bestimmte mutierte Proteine erwiesenermaßen nicht abgebaut werden und damit unter Umständen im Nahrungskreislauf weitertransportiert werden könnten.
Dem Argument, Gentechnik zur Bekämpfung des Hungers einzusetzen, wird entgegnet, dass die Kapazitäten zur Nahrungsmittelproduktion schon jetzt ausreichend seien und Hungerkatastrophen andere Ursachen hätten, darunter Missmanagement vor Ort und Verteilungsungerechtigkeiten im Welthandel etwa durch Agrar-Exportsubventionen. Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung Jean Ziegler sagt unter Berufung auf Daten der FAO, dass mit derzeitigen und konventionellen Mitteln bis zu 12 Milliarden Menschen ausreichend ernährt werden könnten. Auch Mangelernährung, z.B. in Form von zur Erblindung führendem Vitamin-A-Mangel, wird auf andere Ursachen wie durch unzureichende Hygiene verursachte Durchfallerkrankungen zurückgeführt. Dadurch fehlt dem Körper die Zeit, Betacarotin in Vitamin A umzuwandeln und dem Stoffwechsel hinzuzufügen. Zudem ist für diesen Prozess Fett notwendig. Eine gesteigerte Nahrungsproduktion durch den Einsatz der Gentechnik könne an diesen Problemen nur wenig ändern.
Daneben stehen eine Reihe weiterer Argumente im Raum:
- Freiheit der Forschung: Die Möglichkeit der gewerblichen Nutzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen wird durch Patente zum Eigentum einzelner Firmen. Gleichzeitig stellt die Möglichkeit zur Patentierung und damit zur Vermarktung der unter großem finanziellem Aufwand erhaltenen wissenschaftlichen Erkenntnisse ein starkes „Triebmittel” für die Forschung dar.
- Finanzielle Perspektive: Gentechnik gilt als eine der Wirtschaftsbranchen der Zukunft. Es stellt sich die Frage, inwiefern finanzieller Profit dazu verleiten mag, Risiken einzugehen oder diese zu verharmlosen. Um diesem Problem zu begegnen, sind für jede gentechnisch veränderte Pflanze Zulassungsverfahren vorgeschrieben, die Risiken und Nebenwirkungen ausschließen sollen, bevor eine gentechnische Pflanze zur kommerziellen Nutzung im Freiland eingesetzt werden darf. Ob diese Prüfungsverfahren ausreichend sind, wird von Kritikern, angesichts fehlender Langzeitstudien, bezweifelt. Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien oder auch Argentinien nutzen jedoch in letzter Zeit verstärkt gentechnisch veränderte Pflanzen, um ihre landwirtschaftliche Entwicklung zu beschleunigen. China und Indien tun dies, im Hinblick auf die mögliche Abhängigkeit von den USA, hauptsächlich mit Eigenentwicklungen.
- Abhängigkeit landwirtschaftlicher Betriebe: Hersteller gentechnisch veränderten Saatgutes sind auch die Hersteller von Schädlingsbekämpfungsmitteln. Beide sind aufeinander abgestimmt (Vgl. z. B. Dokumentarfilm „Von Saatgut und Saatgutmultis“). Diese Spezifität erlaubt, gemäß Herstellerangaben, eine Minimierung der Nebenwirkung dieser Mittel sowie von deren Einsatz. Verwendet ein Bauer derartige Pestizide, kann er in vielen Fällen nur noch das „passende” Saatgut verwenden, da andere Sorten geschädigt oder vernichtet werden würden (siehe z.B. RoundUp). Zudem verbieten die Verträge der Saatgutkonzerne in der Regel die Wiederaussaat von Teilen der Ernte – Bauern müssen jedes Jahr aufs Neue Saatgut einkaufen. Dabei verlangt der Saatguthersteller Lizenzgebühren sowohl für die Saat als auch für die Ernteprodukte.
- Religiöse/ethische Aspekte: Einige Menschen sehen in der Manipulation des Erbmaterials einen Eingriff in „Gottes Schöpfung“, der den Menschen nicht zustehe. Auch nicht religiöse Menschen sehen zum Teil ethische Probleme.
Eine sachliche Debatte wird erschwert durch die weitverbreitete Unkenntnis über die Möglichkeiten und Gefahren der Gentechnologie in der Bevölkerung, so dass, ähnlich wie bei der modernen EDV (z.B. zur Überwachung einzelner Personen), die Möglichkeiten und Gefahren gleichzeitig unter- und überschätzt werden. Der Kenntnisstand könnte höher sein, wenn die Gentechnik-Industrie die Ergebnisse der eigenen Risikoforschung öffentlich zugänglich machen würde. Das ist allerdings nicht immer der Fall; so mussten genkritische Organisationen die Veröffentlichung solcher Forschungsergebnisse im Sommer 2005 gerichtlich erzwingen (Fütterungsversuche an Ratten mit gentechnisch manipuliertem Mais).
Ein zur Zeit in den Diskussionen über Bioethik wichtiger Aspekt ist, inwiefern auch andere Eingriffs- und Manipulationsmöglichkeiten eingeschränkt oder ausgeweitet werden sollten. Es müssen dabei auch die möglichen Vor- und Nachteile ins Auge gefasst werden und nicht allein die Methoden, mit denen sie bewirkt werden.
Forschung zu grüner Gentechnik
Zu den bedeutenden Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der grünen Gentechnik gehört in Deutschland das Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben und das Molekularbiologische Zentrum der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe.
Moderne Pflanzenphysiologie beschäftigt sich auch mit den molekularen Vorgängen innerhalb der Pflanzen. War es vor 100 Jahren gerade möglich, die Sauerstoffproduktion von Pflanzen und einige andere globale Parameter zu untersuchen, so kann man heute mit verschiedenen Techniken in das molekulare Geschehen einzelner Zellen hineinsehen. Eine sehr wichtige Rolle kommt dabei der Gentechnik zu, da sie es ermöglicht, das Verhalten von Genen in der Pflanze zu beeinflussen. Jede Pflanzenzelle enthält zwischen 20.000 und 60.000 Gene, von denen erst bei einem Bruchteil die Funktion bekannt ist. Selbst bei der bestuntersuchten Pflanze (Arabidopsis thaliana) ist noch mehr als die Hälfte der Gene ohne bekannte Funktion. Um die Funktion zu erkennen, ist es nötig, die Steuerung des Gens zu modifizieren. So werden Effekte von Genen normalerweise durch einen Vergleich dreier Pflanzenpopulationen aufgeklärt. Die erste unveränderte Population wird als Wildtyp bezeichnet. Eine Population, die als Überexpressoren bezeichnet werden, produziert vermehrt das Genprodukt (meist ein Protein). Dies geschieht meist, in dem das Gen hinter einen viralen Promotor kloniert und in die Pflanze übertragen wird. Virale Promotoren sind v auf maximale Effizienz optimiert und eignen sich deshalb besonders gut für die Produktion großer Mengen RNA. Eine dritte, die sog. „Knock out”-Population, produziert das Genprodukt in geringerem Maße oder gar nicht mehr. Hierfür gibt es verschiedene Techniken, wie z.B. RNAi. Allen Techniken ist gemeinsam, dass sie doppelsträngige RNA produzieren, die der Pflanze den Befehl gibt, dass „normale” (Ribonukleinsäure) des zu untersuchenden Gens abgebaut wird. Auch komplizierte Regulationsmechanismen können so aufgeklärt werden, wenn man nicht nur das Genprodukt, sondern die gesamten Änderungen innerhalb der Zelle/ Pflanze betrachtet. Diese Methoden erweitern das klassische Durchmustern von Mutanten um eine viel gezieltere Technik, mit der es möglich ist, den Effekt von gefundenen „Kandidatengenen” direkt zu untersuchen. Zusätzlich zu den oben genannten Techniken gehören auch deskriptive Techniken aus dem Bereich der Gentechnik zur Standardausrüstung der Pflanzenforscher. So werden über Polymerase Kettenreaktionen (PCR) Gene kloniert, es werden Häufigkeiten von Transkripten (Bauanleitungen für Proteine) mittels quantitativer PCR bestimmt, oder mittels sog. DNA-Chips gleich die meisten Gene einer Pflanze in ihrer Ablesehäufigkeit bestimmt.
Forscher, die praktische Gentechnik betreiben, sind zur Einhaltung zahlreicher Sicherheitsvorschriften verpflichtet. Die Gentechnik-Sicherheitsverordnung regelt in Deutschland die Arbeit mit gentechnisch veränderten Organismen.
Die Gentechnik befindet sich nicht mehr in einem rechtsfreien Raum. Die rechtliche Situation ist seit einigen Jahren in der Diskussion und inzwischen mehr oder weniger „geregelt“, obwohl weder die Befürworter noch die Gegner mit den bestehenden Regelungen zufrieden sind.
Nachfolgend gebe ich einen Überblick:
Kennzeichnungspflicht genetisch veränderter Produkte in der EU
Seit dem 18. April 2004 besteht innerhalb der EU eine Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Produkte. Sie schließt ein, dass alle Produkte, die eine genetische Veränderung besitzen, gekennzeichnet werden müssen, auch dann, wenn die Veränderung im Endprodukt nicht mehr nachweisbar ist.
Ausgenommen von der Kennzeichnungspflicht sind Fleisch, Eier, Milchprodukte und mithilfe genetisch veränderter Bakterien hergestellte Produktzusätze. Ebenso Enzyme, Zusatzstoffe und Aromen, da sie im rechtlichen Sinne nicht als Lebensmittel gelten. Außerdem muss eine Kennzeichnung nicht erfolgen, wenn die Verunreinigung mit genetisch verändertem Material unter 0,9 Gewichtsprozent liegt und zufällig oder technisch unvermeidbar ist. Bei Produkten, die aus biologischem Anbau kommen, sind gentechnische Veränderungen nicht erlaubt.
Kritiker von gentechnisch veränderten Lebensmitteln geben an, dass derzeit (Stand: 2005) etwa 80 Prozent der angebauten gentechnisch veränderten Pflanzen in die Futtermittelindustrie einfließen. Sie fordern deshalb die Kennzeichnungspflicht auch für diese tierischen Produkte.
Moratorium in der Schweiz
Die Schweizer stimmten mit der Abstimmung vom 27. November 2005 mehrheitlich für ein Moratorium zur Nutzung von Gentechnik in der Landwirtschaft. Für vorerst fünf Jahre ist damit der Anbau von Pflanzen oder die Haltung von Tieren verboten, die gentechnisch verändert wurden.
Zehn gute Gründe gegen die Gentechnik
- Bisher ist die genaue Wirkung der Mechanismen, mit denen bei Pflanzen und Tieren das Erbgut verändert wird, unklar. Immer wieder tauchen bei gentechnisch veränderten Pflanzen unerwartete Eigenschaften auf.
- Freigesetzte gentechnisch veränderte Organismen (GVO’s) schaden der Umwelt. Bereits jetzt zeigt sich, dass der Anbau von GVO’s zu Artenrückgang führt und neue resistente „Super-Unkräuter“ entstehen. Von Gen-Pflanzen produzierte Gifte reichern sich im Boden an.
- Forscher haben noch nicht geklärt, wie sich der Verzehr von GVO langfristig auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Es hat keine Versuche gegeben. Somit werden alle Konsumenten zu Testpersonen gemacht.
- Besonders bedenklich sind die Antibiotika-Resistenzen, die in viele bisher entwickelte Gen-Pflanzen eingebaut wurden. Sie können auf Bakterien übergehen und resistente Keime hervorbringen.
- Sind GVO ausgebracht, lassen sie sich nicht einmal mit extrem großem Aufwand aus der Umwelt entfernen.
- Schon bei einem geringen Ausmaß an Genpflanzen-Anbau können die Verbraucher nicht mehr frei wählen, was sie essen. Denn Pollenflug und Verunreinigungen im Saatgut erschweren einen gentechnikfreien Anbau gleichartiger Pflanzen ganz erheblich.
- Keiner will für die möglichen Schäden der gentechnisch veränderten Pflanzen aufkommen, nicht die Industrie, die sie herstellt, nicht der Bauern, der sie anbaut, und auch keine Versicherung.
- Gentechnisch veränderte Pflanzen können patentiert werden und bieten den Konzernen gänzlich neue Möglichkeiten der Marktbeherrschung. Landwirten und Verbrauchern drohen neue Abhängigkeiten.
- Für die Hersteller von gentechnikfreien Lebensmitteln bedeutet der Anbau von GVO’s in der Nachbarschaft erhebliche Mehrkosten für Analytik und Qualitätssicherung.
- Die Agro-Gentechnik gefährdet Arbeitsplätze, denn sie ist eine Rationalisierungstechnologie. Der Wettbewerbsdruck auf die mittelständischen Saatzuchtunternehmen wird Zusammenschlüsse und Übernahmen begünstigen.