Wirkungen von Spirulina auf Lipide und Lipoproteine des Blutes

von Dr. rer. nat. Peter I. Mewes

Ohne Zweifel ist Spirulina ein außerordentlich vielseitiges Lebensmittel, das aufgrund seiner sekundären Inhaltsstoffe über den reinen Ernäh­rungszweck weit hinausgeht, und durchaus die Bezeichnung „functional food“ verdient, obwohl es – im Normalfall – in keinerlei Weise mit Zusatzstoffen angereichert wird.

Spirulina zeichnet sich durch einen Reichtum an natürlichen, ernährungsphysiologisch bedeutsamen „sekundären“ Inhaltstoffen aus. Dazu zählen: die Vita­mine A, E, C, B1, B2 und B12; die essentiellen Amino­säuren: Threonin, Methionin, Lysin, Leucin und Valin; die ungesättigten Fettsäuren Linolsäure und Gamma-­Linolensäure; die Mineralien Eisen, Calcium, Kalium, Magnesium, Zink, Selen; die Pigmente Phycocyanin, Chlorophyll, Carotinoide, Xanthophylle; antioxidative Schutzkomponenten; Polysaccharide (z.B. Spirulan).

Spirulina ist eine Gattung des Pflanzenreiches, die heutzutage botanisch zu den Cyanobakterien (früher „Blaualgen“ genannt) gerechnet wird – ist also eigentlich ein Bakterium und keine Alge. Der entscheidende Unter­schied besteht darin, dass sie im Gegensatz zu den Algen keinen räumlich abgetrennten Zellkern haben. Dennoch wird häufig von „Spirulina-Alge“ gesprochen. In dieser Gattung Cyanobacteriae werden etwa 3 Dut­zend verschiedene Spirulina-Arten unterschieden. Es ist bisher noch nicht endgültig geklärt, ob es sich nicht möglicherweise um lediglich eine einzige Art handelt, die in Abhängigkeit des Milieus ihre Gestalt ändert. Bakterien sind Mikroorganismen, die z. B. auch im Darm heimisch sind und dort als „Darmflora“ bezeich­net werden. Es gibt für den Menschen auch gefährli­che Bakterien – Krankheitserreger. Aber grundsätzlich lässt sich sagen, dass ohne Bakterien das Leben der höheren Tiere und des Menschen auf der Erde nicht möglich wäre, weshalb der Leser über Bakterien im Allgemeinen positiv denken sollte.

Aus der Fülle der Anwendungsmöglichkeiten, auf die in der umfangreichen Literatur über Spirulina Bezug genommen wird, konzentriert sich dieser Artikel auf den Bereich der Blutfettwerte. 1984 hatten Kato und Mitarbeiter (Kato et al.) über die antihypercholesterin­ämische Wirkung der Spirulina bei Ratten berichtet, zwei Jahre später Becker und Mitarbeiter (Becker et al.) über die Wirkung bei Übergewichtigen, und noch­mals 2 Jahre später erschien eine Publikation von Nakaya (Nakaya et al.) über die Wirkung von Spirulina auf die Blutfettwerte beim Menschen. In den über zwei Jahrzehnten wurde zu diesem Thema einiges an Forschungsergebnissen zusammengetragen.

Spirulina und Hyperlipidämie

Spirulina zeichnet sich durch einen Reichtum an natürlichen, ernährungsphysiologisch bedeutsamen „sekundären“ Inhaltstoffen aus. Dazu zählen: die Vita­mine A, E, C, B1, B2 und B12; die essentiellen Amino­säuren: Threonin, Methionin, Lysin, Leucin und Valin; die ungesättigten Fettsäuren Linolsäure und Gamma-­Linolensäure; die Mineralien Eisen, Calcium, Kalium, Magnesium, Zink, Selen; die Pigmente Phycocyanin, Chlorophyll, Carotinoide, Xanthophylle; antioxidative Schutzkomponenten; Polysaccharide (z.B. Spirulan).

Nakaya et al (Nakaya et al.) verabreichten zwei männ­lichen Versuchsgruppen á 15 Personen 4,2 g Spiru­lina pro Person täglich und konnten nach 8-wöchi­ger Anwendung hochsignifikante Verringerungen an Gesamtcholesterin und an LDL = Low Density Lipo­protein (sogenanntes „schlechtes“ Cholesterin) feststellen und einen allerdings weniger signifikanten Rückgang des Atherogenese-Indexes. Es konnte eine tendenzi­elle, nicht signifikante Zunahme der HDL-Werte (HDL = High Density Lipoprotein; sogenanntes „gutes“ Cholesterin) gemessen werden (Nakaya et al.). Man muss zugestehen, dass auch die hochsignifikanten Ergebnisse in dieser Arbeit als klinisch wenig relevant einzustufen sind. Aber der erste Schritt in eine viel ver­sprechende Richtung war getan.

Sie stellten in ihrer Publikation fest, dass bei den 30 Probanden keinerlei unerwünschte Effekte aufgetre­ten waren. Auch nachfolgende Autoren heben die gute Verträglichkeit hervor.

Die Resultate der Untersuchung von Ramamoorthy und Premakumari aus dem Jahre 1996 (Ramamoor­thy und Premakumari) gehen in dieselbe Richtung. Sie ließen ihre 30 ischämischen herzkranken Probanden ebenfalls täglich 2 bzw. 4 g Spirulina als Nahrungser­gänzungsmittel zu sich nehmen und ermittelten signi­fikante Verminderungen an Cholesterin, Triglyceriden und LDL im Blut. Der HDL-Wert war angestiegen. Die Autoren sind bei der Diskussion – und Empfehlung von Spirulina – dennoch vorsichtig, weil die Anzahl der untersuchten Versuchspersonen ihnen noch nicht ausreichend zu sein scheint. Grundsätzlich sehen sie Spirulina durchaus als eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Therapeutika.

Bei 15 Diabetes-Patienten konnten Mani et al. (Mani et al.) in einer klinischen Studie zeigen, dass sich das Verhältnis von LDL: HDL unter dem Verzehr von Spiru­lina signifikant zugunsten des HDL verbesserte.

Die Arbeitsgruppe um Cheong (Cheong et al. 2010) experimentierte mit Kaninchen, die neben Ratten zur Cholesterinuntersuchung bewährte Versuchstiere sind. Die Kaninchen wurden durch eine cholesterin­reiche Fütterung (0.5% Cholesterin enthaltend über 4 Wochen) hypercholesterinämisch (high cholesterol diet = HCD), und anschließend wurde für zusätzliche 8 Wochen HCD mit 1 bzw. 5% Spirulina supplementiert (SP1 bzw. SP5). Infolge der Spirulina-Supplementierung verringerte sich im Vergleich zur HCD-Kontrollgruppe die Dicke der Intima der Aorta von Kaninchen um 32 bis 48%! Die Serumtriglyceride (TG) und das gesamte Cholesterin (TC) waren in den Spirulina-Gruppen signifi­kant reduziert. Nach 8-wöchiger Fütterung mit 1 %-igen Spirulina-Futter (SP1) reduzierte sich im Serum der LDL­-Cholesterinwert (LDL-C) um 26,4% und unter 5%-igem Spirulina-Futterzusatz (SP5) um 41,2% im Vergleich zur Kontrollgruppe zurück! Das sind beachtliche Resultate. In diesem Zusammenhang stiegen die Werte für high density lipoprotein cholesterol (HDL-C) in SP1 und SP5 im Zeitraum von Woche 2 zu Woche 8 in geradezu lehrbuchhafter Weise. Cheong und Koautoren sehen deshalb in der Spirulina-Supplementierung einen viel versprechenden Weg, um das Risiko der durch Cho­lesterin bedingten Arteriosklerose und damit verbunde­nen Herzkreislauferkrankungen zu senken.

Antioxidative Wirkung

Die koreanische Arbeitsgruppe um Kim und Cheong untersuchte die Wirkung von Spirulina platensis zur Reduzierung der Lipidperoxidation und der oxidativen Schädigung der DNA an Kaninchen (New Zealand White (NZW) Rabbit Modell). Die Kaninchen wurden nach demselben Schema gehalten und gefüttert, wie in dem Absatz zuvor beschrieben.

Die Spirulina-Supplementierung konnte die erhöhte Lipidperoxidation aufgrund der Cholesterin-Zusatz­fütterung wieder auf den Wert der Kontrollen zurück­führen. Oxidative Stressmarker wie Glutathion, Glutathion-Peroxidase, Glutathion-Reduktase, und Glutathion- S-Transferase in der Leber und den roten Blutzellen wurden bei Kaninchen, die 1% Spirulina­-Zusatz erhielten, signifikant verbessert. Der 5%-ige Spirulina-Zusatz vervielfachte die Aktivität der anti­oxidativen Enzyme: 3,1-fach für Glutathion, 2,5-fach für Glutathion-Peroxidase, 2,7-fach für Glutathion­Reduktase, und 2,3-fach für Glutathion-S-Transferase in Leber, im Vergleich zu der HCD Gruppe.

Außerdem wurde nachgewiesen, dass in beiden Gruppen DNA Schäden in Lymphozyten signifikant reduziert wurden. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass Spirulina in der Lage ist, Zellen nicht nur gegen die Lipidperoxidation, sondern auch gegen DNA-Schäden zu schützen (Kim et al. 2010).

Über Cholesterin ist zwar in den letzten 20 Jahren vor­wiegend kritisch bis negativ berichtet worden, es ist aber für den Körper ein unentbehrlicher Stoff. Allem Anschein nach ist ein gewisses Überangebot und/oder die Kombination mit Radikalen das auslösende Moment für die atherosklerotische Gefäßveränderung und schließlich die ‚Verkalkung“ der Blutgefäße und die daraus resultierenden Herz-Kreislauferkrankungen. Die LDL-Partikel werden von freien Radikalen in „oxi­diertes LDL“ umgewandelt. Die Zellen im Zielgewebe der Blutgefäßwandung erkennen oxidiertes LDL nicht mehr als LDL. Deshalb geben sie kein Signal, dass jetzt ausreichend LDL in der Gefäßwand ange­kommen ist. Folglich wird immer mehr LDL herange­schafft. Es wird immer mehr Membranlipid produziert, aber durch den Überschuss an Radikalen bedingt, werden die Lipoproteine während des Transportes zu ihrem Einsatzort oxidiert.

Makrophagen versuchen zwar in der Gefäßwand die oxidierten Lipoproteine zu „fressen“ und dadurch zu vernichten, was aber nicht funktioniert. Stattdes­sen werden die Makrophagen voluminös, werden zu „Schaumzellen“, die der Ausgangspunkt für die allbe­kannte Plaquebildung in den Arterien sind. Es drängt sich der Schluss auf, dass neben dem Überangebot von Cholesterin dem Körper im Fall der Hypercholes­terinämie meist Antioxidantien fehlen.

Lipidperoxidation bei Parkinson-Erkrankung

Lipidperoxidation bedeutet vorwiegend die Oxidation der Doppelbindungen der ungesättigten Fettsäuren, die in den Zellmembranen als Bausteine enthalten sind. Infolge der Oxidation sind sie dann nicht mehr ungesät­tigt. Sie ändern ihre Eigenschaften und infolgedessen ändern sich auch die Membraneigenschaften, was die Funktionsweise der Zellen beeinträchtigt.

Oxidativer Stress ist z. B. auch bei der Parkinson-Erkrankung gegeben. In einer Studie von Chamorro und Mitarbeitern (Chamorro et al.) wird die neuro­protektive Wirkung von Spirulina maxima (Sp.) im Vergleich zu dem neurotoxisch wirkenden 1-methy1-4- pheny1-1,2,3,6-tetrahydropyridine (MPTP) untersucht, das als Modellsubstanz zur Erzeugung der Parkinson­Symptomatik benutzt wird.

96 männliche, schwarze C-57 Mäuse wurden zwei Wochen lang mit Spirulina (25, 50, 100, 150 oder 200 mg/kg KG, oral) gefüttert. Anschließend wurde ihnen drei Male intraperitoneal MPTP appliziert (30 mg/kg, intraperitoneal, i.p.). Dann wurde den Mäu­sen noch weitere 8 Tage lang Spirulina gefüttert. Danach wurde der Dopamingehalt im Striatum (im vorderen Teil des Gehirns) mittels Hochdruckflüssig­chromatografie untersucht. Das Ausmaß der Lipid­peroxidation wurde ebenfalls bestimmt (als Index des oxidativen Stresses). Die Vorbehandlung mit 150 mg/kg Spirulina verhinderte zu 51% den Dopa­minabbau und hemmte den oxidativen Stress. Von dem Befund, dass Spirulina teilweise die neurotoxi­sche Wirkung von MPTP aufhebt und den oxidativen Stress vorbeugt, leiten die Autoren die Hoffnung ab, dass Spirulina in der Parkinson-Therapie zukünftig einen Platz finden könnte.

Spirulina ist eine Gattung des Pflanzenreiches, die heutzutage botanisch zu den Cyanobakterien (früher „Blaualgen“ genannt) gerechnet wird – ist also eigentlich ein Bakterium und keine Alge. Der entscheidende Unter­schied besteht darin, dass sie im Gegensatz zu den Algen keinen räumlich abgetrennten Zellkern haben. Dennoch wird häufig von „Spirulina-Alge“ gesprochen.

Zusammenhang von Osteoporose und Körperfett?

Es gibt eine „Lipid-Hypothese über die Osteoporose­bildung“, die davon ausgeht, dass Lipide auch mit der Entstehung von Osteoporose zusammenhängen. Osteoporose ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass sich die Knochensubstanz bildende Zellpopulation ver­ringert, während sich die Fettzellen bildende vermehrt. Ein entscheidender Entwicklungsschritt bei der Zelldifferentiation, bei der Osteoblasten gebildet werden, ist die Bildung des Zelltyps „Steatoblast“, der aus einer omnipotenten Mesenchymzelle hervorgeht. Die­ser Entwicklungsschritt wird durch Lipide gesteuert. Intaktes LDL begünstigt die Bildung von Osteoblas­ten. Im Gegensatz dazu führt oxidiertes low density Lipoprotein (oxidiertes-LDL) zur Entstehung von Prä­adipozyten (Brun et al. 1996). Diese Untersuchungen wurden zwar an Mäusen und kultivierten Mäusezell-­Linien durchgeführt, geben aber doch im Hinblick auf den Menschen angesichts der hohen Belastung durch oxidative Radikale zu denken. (Parhami et al. 1999) Diese Ausführung zeigt, wie verzahnt die einzelnen Vorgänge miteinander sind und welche große Bedeutung den Radikalen beikommt. Umso interessanter erscheinen aus diesem Blickwinkel jene Forschungsergebnisse, die sich mit der antioxidativen Seite des Wirkungsspektrums von Spirulina beschäftigen.

Der wesentliche Träger der antioxidativen und Radi­kale fangenden Eigenschaften von Spirulina ist C-Phycocyanin von Cyanobakterien (C-PC) — eines der Haupt-Biliproteine. Es ist auch ein selektiver Cyclooxy­genase-2-Inhibitor (COX-2-Hemmer), der die Apoptose in lipopolysaccharid-stimulierten RAW-264.7-Macro­phagen stimuliert. Ebenso ist seine antientzündliche und anticancerogene Wirkungen bekannt (Reddy et al. 2003). Diese Untersuchungen wurden bisher vor­wiegend an Versuchstieren durchgeführt.

Schwermetallintoxikationen

Hyperlipidämie kann verschiedene Ursachen haben. Die Arbeitsgruppe um Ponce-Canchihuamän (Ponce­Canchihuamän et al. 2010) zeigt als Beispiel, dass auch das Schwermetall Blei (als Bleiacetat) erhöhte Blutfettwerte verursachen kann und dass dieser toxische Effekt durch Spirulina wieder – zumindest teilweise – aufgehoben werden kann. In ihrer Studie zeigen sie das an männlichen Ratten.

Blei fördert die Oxidation von Fetten in den Zellmemb­ranen (Lipidperoxidation), was ein bedeutender Punkt bei dem Mechanismus der Lebertoxizität von Blei ist. Da es sich bei Blei-Konzentrationen, denen Menschen ausgesetzt sind, häufig um geringe (subchronische) Konzentrationen handelt, die sich erst längerfristig bei wiederholter Einwirkung auswirken, ist diese Arbeit von besonderem Interesse, denn die unterschwellige Belastung mit Blei ist weit verbreitet.

Blei verursacht oxidativen Stress in der Leber und den Nieren. Es konnte gezeigt werden, dass Spirulina maxima antihyperlipidämische und antioxidative Wir­kungen aufweist, mit denen die biochemischen Para­meter im Plasma, der Leber und den Nieren wieder deutlich verbessert werden konnten.

Blei ist in der Lage, oxidativen Stress zu verursachen, wie diese Studie zeigt, was erhöhte Blutfettwert im Blutplasma und in der Leber und Lipidperoxidation in den Membranen von Leber und Nieren zur Folge hat, was mit dem verringerten antioxidativen Status zusammenhängt. Die gleichzeitige Gabe von Spiru­lina maxima verringert die auf Blei zurückzuführenden Zellschädigungen. Die Autoren sehen in der radikal­fangenden Eigenschaft der Spirulina den Haupteffekt der Wirkung. Infolgedessen weist sich der regelmäßige Verzehr von Spirulina als sinnvolle vorbeugende Maßnahme zu Verhinderung der Gefahr von schlei­chenden Bleivergiftungen aus.

Spirulina als „functional food“

Die synonym gebrauchten Begriffe Arznei- und Heil­mittel werden heutzutage sehr extensiv verstanden: Alles, was Krankheiten erkennen lässt, lindert und/oder heilt wird als Arzneimittel bzw. als Diagnostikum verstanden und – was von größter Bedeutung ist – einem prinzipiell einheitlichen und aufwendigen Pro­zedere unterworfen, das nicht unbedingt sinnvoll ist. Spirulina als functional food befindet sich mit seinem therapeutischen Potential in diesem Spannungsfeld. So ist es erklärlich, dass es interessante wissen­schaftliche Untersuchungen gibt, die sich bemühen, die klinisch anwendbaren Eigenschaften von Spirulina herauszuarbeiten – mit dem unausgesprochenen Ziel, Spirulina als Heilmittel zu positionieren. Das entspricht der heutigen Denkungsart, ist aber nicht so sinnvoll, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Hippokrates wird der Satz zugeschrieben: „Eure Nah­rung sei Eure Medizin und Eure Medizin sei Eure Nah­rung“. Das impliziert, dass Lebensmittel einen thera­peutischen Effekt haben. Und: Nicht alles, was einen therapeutischen Effekt hat, ist deshalb a priori Arznei­mittel! Spirulina ist sicherlich ein Paradebeispiel, das Hippocrates‘ Satz in beiden Richtungen erfüllt.

Natürlich ist es interessant, um das therapeutische Potential von Spirulina zu wissen, denn für viele Käu­fer wird das ein wichtiges Kaufkriterium sein. Und Wissenschaftler lieben Daten, denn Datenfülle wiegt sie in Sicherheit. In diesem Sinne sind weitere Stu­dien – vor allem an Menschen – zu den verschiedenen Aspekten von Spirulina wünschenswert.

Zur Beurteilung des ernährungsphysiologischen und therapeutischen Nutzens sind weitere Daten natürlich ebenfalls wünschenswert, aber eigentlich nicht mehr unbedingt notwendig – wobei „nicht mehr unbedingt“ zu betonen ist. Der Wunsch nach größeren Patien­tenkollektiven wird von verschiedenen Autoren wie­derholt vorgetragen. Doch der Verbraucher sollte sich dadurch nicht irritieren lassen, denn die vorliegenden Daten ergeben schon einen recht guten Eindruck vom Nutzen und der Anwendungssicherheit von Spirulina. Finanziell lukrativ ist Forschung im medizinischen Sek­tor immer nur dann, wenn sich die Forschungsresul­tate patentieren und dann gut vermarkten lassen. Das ist bei Naturprodukten selten möglich, und als Folge wird in diesem Bereich deutlich weniger Geld inves­tiert als in den chemisch-synthetischen. Dann ist es naheliegend, dass es weniger interessante Daten gibt – aber eben nicht, weil solche grundsätzlich nicht zu entdecken wären!

Schlussbetrachtung

Die meisten Publikationen über Spirulina kommen aus der fernöstlichen und der mittelamerikanischen Region. Dort wird Spirulina häufig kultiviert, und die Menschen sind mit der Verwendung die­ser Cyanobakterie vertraut und die Wissenschaft­ler dafür aufgeschlossen.

Deng (Deng und Chow 2010) fasst die für das Herz? Kreislaufsystem relevanten Wirkungen zusam­men: Er sieht die günstige Wirkung von Spirulina auf das Herz-Kreislaufsystem in der die Blutfette senkenden Wirkung, in der antioxidativen und ent­zündungshemmenden Wirkung.

Untersuchungen an verschiedenen Tiermodellen weisen die hypo­lipidämische Wirkung schlüssig nach. Die Ergeb­nisse, die bei Untersuchungen bzgl. der Hyperli­pämie an Menschen erzielt wurden, sind in guter Übereinstimmung mit den Erkenntnissen, die in Tierversuchen gesammelt wurden, auch wenn in der Literatur immer wieder darauf hingewiesen wird, dass es wünschenswert wäre, die Untersu­chungen mit größeren Patientenkollektiven durch­zuführen. Deng weist auch auf die Anwendungssi­cherheit von Spirulina hin.

Das Phänomen Hyperlipidämie ist vielfältig und die Wirkungsweise von Spirulina ist das ebenfalls. So verwundert es nicht, dass die Biochemie den Wir­kungsmechanismus der Inhaltstoffe von Spirulina im Hinblick auf die Senkung der Blutfettwerte noch nicht zufriedenstellend versteht.

Die vorliegenden Untersuchungen über die anti­hyperlipidämische Wirkung von Spirulina sind zahl­reich und bestätigen die Wirksamkeit in puncto Senkung der Blutfettwerte. Ohne Zweifel wird es in der Regel sinnvoll sein, Spirulina im Rahmen der Therapie der Hyperlipämie mit zu berücksichtigen. Insbesondere bei leichteren Graden der Erhöhung der Blutfettwerte erscheint es als sinnvoll, Spiru­lina zusammen mit diätetischen Maßnahmen und einem Bewegungsprogramm zu koppeln.

Aufgrund der langen historischen (traditionellen) Erfahrung, der weit verbreiteten Anwendung und des Wissensstandes über Spirulina, wie er sich in den aktuellen Publikationen darstellt, lässt sich sagen, dass in leichteren Erkrankungsfällen der Ver­zehr von Spirulina in Kombination mit diätetischen Maßnahmen (im Rahmen eines Diätplanes) plus Körperaktivität schon sehr positive und ausreichende Resultate liefern kann. Bei massiveren Symptombil­dern wird es immer noch sinnvoll sein, Spirulina mit in das Behandlungskonzept einzubeziehen.

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