Antiepileptika (Mittel zur Behandlung von Epilepsie) und Vitalstoffe

Wechselwirkungen von Medikamenten und Mikronährstoffen und was man unbedingt darüber wissen sollte!

Viele Menschen nehmen Medikamente und viele Menschen nehmen Nahrungsergänzungsmittel, aber viele Menschen, die Medikamente nehmen wissen gar nicht, dass sie besser auch Nahrungsergänzungsmittel nehmen sollten. Und Einige, derer die Medikamente nehmen, sollten bestimmte Nahrungs- ergänzungsmittel besser nicht nehmen. Viele Medikamente und viele Krankheiten verbrauchen in großer Quantität spezifische Mikronährstoffe. Das führt dazu, dass sich mit der Zeit zu dem eigentlichen Leiden noch ein eigentlich vermeidbarer Kollateralschaden entsteht, der die Gesundheit zusätzlich beeinträchtigt.

Es ist leider viel zu wenig bekannt, dass und welche Interaktionen zwischen Medikamenten und Mikronährstoffen bestehen. Die durch einen Mangel an Mikronährstoffen auftretenden Symptome können erkannt werden und geben einen ersten Hinweis, welche Vitalstoffe man zum Ausgleich einnehmen sollte. Wir haben auf unseren Seiten zu den besonders häufig verschrieben Arzneimitteln die Interaktionen zu Vitalstoffen (Mikronährstoffen) zusammen gestellt. Wenn Sie Medikamente einnehmen, sollten Sie diese Liste für sich studieren.

Wir möchten Ihnen aber einen sehr dringenden Rat mit auf den Weg geben: Verwenden Sie diese Informationen nicht, um Ihre Medikation eigenhändig zu verändern. Nutzen Sie die Informationen, um mit dem Arzt oder Therapeuten Ihres Vertrauens Ihre besondere Situation zu besprechen. Wir geben Ihnen unten einen Literaturhinweis zu einem Buch von Uwe Gröber. Ihr Arzt wird Ihnen dankbar sein, wenn Sie ihn auf dieses Buch hinweisen.

Was sind Antiepileptika?

Sie werden auch bezeichnet als: Antikonvulsiva; Epilepsie-Medikamente; Mittel gegen Epilepsie.

Antiepileptika dienen sowohl zur Behandlung (Kupierung) des akuten epileptischen Anfalls als auch zur Vorbeugung (Prophylaxe) weiterer Anfälle im beschwerdefreien Zeitraum.

Verwendete Wirkstoffe in Antiepileptika

  • Carbamazepin
  • Clomethiazol
  • Eslicarbazepin
  • Gabapentin
  • Lacosamid
  • Lamotrigin 
  • Levetiracetam 
  • Oxcarbazepin
  • Phenobarbital
  • Phenytoin
  • Pregabalin
  • Primidon
  • Sultiam
  • Topiramat
  • Valproinsäure

Anwendungsgebiete der Antiepileptika

Antiepileptika werden zur Behandlung von Epilepsien, also Krampfanfällen des Gehirns, angewendet. Diese Krampfanfälle beruhen auf einer überschießenden elektrischen Nerventätigkeit im Gehirn, die seine Funktion gewissermaßen in einem „Blitzgewitter“ durcheinanderbringt. Bei manchen Patienten kündigt sich ein Anfall durch eine so genannte „Aura“ an, bei der es zu Sinnestäuschungen wie Farbensehen oder außergewöhnlichen Geruchswahrnehmungen kommt. Die Aura dauert von einigen Sekunden bis Minuten an. Dann verlieren die Patienten das Bewusstsein, brechen zusammen, beißen sich auf die Zunge, die Muskeln zucken, Blase und Darm entleeren sich. Je nach Art und Ausprägung des Leidens treten nicht immer alle diese Erscheinungen zusammen auf. Die Anfälle können von leichten Bewusstseinstrübungen (Absencen) bis zu dem geschilderten Bild eines „Grand-Mal“-Anfalls reichen. Geschehen mehrere Anfälle hintereinander oder hört ein Anfall nicht mehr auf, spricht man vom Status epilepticus, der sogar tödlich sein kann. Bei allen Arten epileptischer Anfälle geht immer Nervensubstanz zugrunde, weshalb die Anfälle unbedingt abgebrochen (kupiert) oder am besten ganz verhindert werden müssen.

Die Auswahl eines Antiepileptikums hängt davon ab, welche Art von Anfällen behandelt werden soll.

  • Valproinsäure, Lacosamid und Lamotrigin sind vielfältig einsetzbar, man kann mit ihnen generalisierte (das gesamte Gehirn betreffende) sowie fokale (nur gewisse Gehirnregionen betreffende) Anfälle und auch den Status epilepticus behandeln. Auch Phenytoin ist bei diesen Krankheitsbildern anzuwenden.
  • Carbamazepin und Sultiam eignen sich eher für fokale (nur gewisse Gehirnregionen betreffende) Anfälle.
  • Ethosuximid wird insbesondere bei Absencen verwendet.

Neben den klassischen Antiepileptika zählen auch einige Substanzen der Benzodiazepine und Barbiturate zu der Wirkstoffgruppe der Epilepsie-Mittel.

Mit Antiepileptika werden aber nicht nur klassische Epilepsien behandelt. Sie werden ferner bei noch sechs weiteren Gelegenheiten eingesetzt:

  • Bei Fieberkrämpfen, die zu den epileptischen Anfällen gerechnet werden und meist bei Kleinkindern auftreten. Hierzu bevorzugt man die Benzodiazepine, von denen einige neben ihren anderen Wirkungen auch eine antiepileptische, also krampflösende Wirkung aufweisen (zum Beispiel Diazepam).
  • Zur Vermeidung von Krampfanfällen bei Gehirnoperationen. In diesen Fällen wird insbesondere der Wirkstoff Phenytoin gegeben.
  • Bei so genannten neurogenen Schmerzanfällen (Schmerzen mit nervlicher Ursache), die zum Beispiel durch Trigeminus-Neuralgie oder diabetische Neuropathie entstehen. Bei diesen Anwendungen kommen besonders Carbamazepin und Phenytoin zum Einsatz.
  • Bei anfallartig auftretenden nervlichen Missempfindungen (Parästhesien) sowie Sensibilitätsstörungen. Auch hier wird mit Carbamazepin behandelt.
  • Zur Vermeidung von Krampfanfällen beim Alkoholentzug durch den Einsatz von Carbamazepin.
  • Vor Operationen zur Vorbereitung auf die Narkose (zum Beispiel mit dem Barbiturat Phenobarbital).

So wirken Antiepileptika

Nerven haben gewissermaßen eine eingebaute Sicherung: Erst ab einer bestimmten Reizstärke leiten sie das Signal weiter. Bei Epilepsien ist diese so genannte Reiz- oder Krampfschwelle erniedrigt. So können Reize, die Gesunde nicht weiter beeinträchtigen, zu Anfällen führen. Sehr deutlich wird dies zum Beispiel bei Jugendlichen, die eine Discothek besuchen. Hier sind Epileptiker besonders gefährdet: Die Musik und Lichtblitze aus Scheinwerfern, Reflexe auf Spiegeln oder Spiegelkugeln überreizen sie so, dass ein Anfall ausgelöst werden kann.

Antiepileptika erhöhen die erniedrigte Krampfschwelle und verringern die erhöhte Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn. Dabei verhindern sie entweder die Entstehung einer übersteigerten Nervenentladung oder deren Ausbreitung.

Wie die Wirkung vieler Antiepileptika zustande kommt, ist oft nicht genau bekannt. Drei Wirkmechanismen sind aber nachgewiesen:

  • Wirkungen auf die Botenstoffe im Nervensystem (Neurotransmitter). Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) ist der wichtigste anfallhemmende Botenstoff (Neurotransmitter) im Gehirn. Dessen Wirkung und Wirkdauer verstärken Benzodiazepine und Barbiturate. Zu den hierfür eingesetzten Benzodiazepinen gehören unter anderem Clonazepam, Clobazam, Diazepam und Midazolam. Antiepileptisch wirkende Barbiturate sind besonders Phenobarbital und Primidon.
  • Wirkungen auf die Mineralstoffe Natrium und Calcium, die bei der Freisetzung von Botenstoffen eine Rolle spielen. Der Einstrom von Natrium in die Nervenzellen des Gehirns ist für die Weiterleitung von Erregungen und Reizen von großer Bedeutung. Die Blockade oder Verringerung des Natriumeinstroms unterdrückt die Reizweiterleitung.Carbamazepin, Eslicarbazepin und Phenytoin wirken ausschließlich über diesen Mechanismus. Auch bei Valproinsäure, Gabapentin, Lacosamid und Lamotrigin ist die Hemmung des Natriumeinstroms die hauptsächliche Wirkursache.Der Sehhügel (oder Thalamus) ist im Gehirn eine wichtige Umschaltstelle für Nervenreize aus Umwelt und Innenwelt. Für die Reizweiterleitung an dieser Stelle ist auch ein Calciumeinstrom in die Nervenzellen wichtig. Die Antiepileptika Ethosuximid und Trimethadion, zum Teil auch die Valproinsäure hemmen diesen Calciumeinstrom und damit die Reizausbreitung.
  • Sultiam gehört chemisch zu den Sulfonamiden. Von der Struktur her bestehen keine Gemeinsamkeiten mit anderen Antiepileptika. Der Wirkmechanismus ist nicht vollständig aufgeklärt. Man weiß jedoch, dass es im Gehirn das Enzym Carboanhydrase hemmt. Die damit erreichte Ansäuerung des Gewebes scheint auch das Gleichgewicht der erregenden und hemmenden Botenstoffe zu beeinflussen. Weiterhin reduziert Sultiam den Natriumeinstrom in die Nervenzelle und setzt so die Erregbarkeit der Nervenzelle herab. Der krampflösende Effekt von Sultiam ist wissenschaftlich nicht sehr gut belegt.

Bei vielen Antiepileptika ist eine müde machende (sedierende) Wirkung gegeben, besonders bei Benzodiazepinen und Barbituraten muss dies beachtet werden. Phenytoin darf aufgrund seiner ausgeprägten Herzwirkung nicht bei bestimmten Herzerkrankungen mit verlangsamtem Herzschlag angewendet werden. Auch Carbamazepin ist bei diesen Herzerkrankungen sowie bei schweren Leberfunktionsstörungen verboten. Lamotrigin darf ebenfalls nicht bei Leber-, aber auch nicht bei Nierenfunktionsstörungen eingesetzt werden. Die Behandlung mit Sultiam ist nur bei schweren Nierenschäden nicht erlaubt.

Da Antiepileptika meist längerfristig eingenommen werden müssen, ist bei den meisten eine regelmäßige Kontrolle der Blutwerte erforderlich. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind häufig und müssen im Einzelfall abgeklärt werden.

Wichtig zu wissen ist, dass die meisten Antiepileptika in der Schwangerschaft das Ungeborene schädigen. So lange solche Medikamente eingenommen werden, darf keine Schwangerschaft eintreten. Da viele Antiepileptika aber auch die Wirksamkeit von hormonalen Verhütungsmitteln („Pille“) vermindern, muss die Schwangerschaftsverhütung gegebenenfalls durch ein Kondom oder Pessar ergänzt werden.

Antiepileptika und Vitamin D

Vitamin D – Mangel durch Antiepileptika.(z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Valproinsäure)

Abnahme der Knochendichte und – Zellproliferation, erhöhtes Risiko für Frakturen und Osteomalazie.

Prophylaktisch wird regelmäßige Supplementierung von täglich 500 – 2000 IE Vitamin D per os und knochenwirksamer Mikronährstoffe (z.B. Calcium, Zink, Vitamin K) empfohlen.

Bei Störungen des Knochenstoffwechsels 2000-4000 IE Vitamin D/Tag, bei schweren antiepileptikainduzierten Osteopathien 10.000 IE Vitamin D pro Tag für 2-3 Monate.

Regelmäßige Kontrolle (alle 6 Monate) wird empfohlen.

Antiepileptika und Folsäure

Folsäuremangel durch Antiepileptika.(z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Valproinsäure)

Da auch der Status anderer B-Vitamine gestört werden kann empfiehlt sich die Folsäuresubstitution in Form eines Vitamin-B-Komplexes.

WICHTIG: Folsäure kann in Dosen ≥ 1mg/d den oxidativen Phenytoinabbau beschleunigen und dadurch die antiepileptische Wirkung abschwächen.

Antiepileptika und Homocystein

Antiepileptikainduzierte Hyperhomocysteinämie.

Unter der Therapie mit Antiepileptika.(z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Valproinsäure) empfielt sich die Supplementierung von Folsäure (o,4-1mg tgl.) in Kombination mit Vitamin B6 und B12, um einem medikationsbedingten Anstieg der Homocysteinspiegel entgegen zu wirken.

Phenytoin und Folsäure

Folsäure kann in höheren Dosen die antiepileptische Wirkung von Phenytoin abschwächen.

Antiepileptika und Vitamin K

Vitamin K – Mangel durch Antiepileptika.(z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Valproinsäure)

Da Vitamin K auch für den Knochenstoffwechsel wichtig ist, wird bei der Therapie mit Antiepileptika generell eine regelmäßige Vitamin-K-Zufuhr (100-1000microgramm/Tag, p.o.) zusammen mit anderen knochenwirksamen Mikronährstoffen (Vitamin D, Calcium, Zink) empfohlen.

Schwangere: Zur Prävention von Vitamin-K-Mangelblutungen beim Neugeborenen sollten Schwangere, die Antiepileptika (auch Antituberkulotika) einnehmen, 48 h bis einige Stunden vor der Entbindung 10 bis 20 mg Vitamin K1 oral (oder 2 bis 5 mg intramuskulär) erhalten.

Neugeborene: Neugeborene von Müttern, die mit Antiepileptika behandelt werden, sollten 1 mg Phytomenadion kurz nach der Geburt intramuskulär erhalten. (Frühgeborene etwa 0,4mg Phytomenadion pro kg KG). Bei Bedarf weitere Gaben in Abhängigkeit des klinischen Bildes und des Gerinnungsstatus.

Valproinsäure und L-Carnitin

Iatrogener Carnitinmangel durch Valproinsäure.

Unter der Therapie mit Valproinsäure (vor allem bei Kindern) empfiehlt sich die regelmäßige adjuvante Gabe von L-Carnitin (25-100 mg/kg KG/d, p.o.)

Literaturhinweise

Diese Tabelle stammt aus dem Buch von Uwe Gröber mit dem Titel „Interaktionen, Arzneimittel und Mikronährstoffe“, ISDN 978-3-8047-2375-7, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart. Für eine Vertiefung der Informationen empfehlen wir den Kauf des Buches.

Der Text ist zum Teil verändert, bzw. ergänzt mit weiteren, uns vorliegenden Informationen.

Wichtiger Hinweis und Warnung

Sollten Sie bei der Durchsicht dieser Aufstellungen Beschreibungen finden, die auf ihre Situation passen, konsultieren Sie bitte ihren Hausarzt. Verändern Sie bitte nicht eigenständig ihre Medikation, die Folgen könnten dramatisch sein. Sprechen Sie die Supplementierung mit Mikronährstoffen mit ihrem Arzt / Therapeuten ab.