Die moderne Medizin ist keine Wissenschaft
Die orthodoxe Medizin, die sich hochwissenschaftlich gibt ist ein moderner Hokuspokus, bei dem Aberglaube, falsche Diagnosen, subjektive Meinungen, Arroganz und Ignoranz stets den Vorrang vor irgendeiner Form der Wissenschaftlichkeit haben.
Von Dr. med. Vernon Coleman
Der Arzt, Schriftsteller und engagierte Tierversuchsgegner hat mit diesem Beitrag die fundierteste Kritik der orthodoxen Medizin erarbeitet, die je geschrieben wurde. Dr. Coleman entlarvt die moderne Medizin als den größten, unverschämtesten und lebensgefährlichsten Bluff, den es in der langen Geschichte der Medizin je gegeben hat. Die Wahrheit ist, dass die Schulmedizin nichts weiter als Mittler zwischen Pharma-Industrie und Patient ist. Die Pharma-Industrie benötigt die Tierversuche, um eine weitere pseudowissenschaftliche Absicherung für ihre meist gesundheitsgefährdenden Medikamente zu haben.
Die moderne Medizin ist keine Wissenschaft
Ärzte, medizinische Forscher und Arzneimittelhersteller würden gern alle gegenwärtigen und potentiellen Konsumenten von Leistungen des Gesundheitswesens davon überzeugen, dass die Medizin eine Wissenschaft ist, die seit der Zeit der mystischen Beschwörungen und Hexenheilmittel große Fortschritte gemacht hat.
Aber die moderne Medizin ist keine Wissenschaft, und die heute in Kliniken und in der Forschung tätigen Mediziner sind keine Wissenschaftler.
Moderne Ärzte wenden vielleicht wissenschaftliche Methoden an, aber ihr therapeutisches Vorgehen zeugt immer noch von Quacksalberei. Sie bleiben bestehenden, aber fragwürdigen Verfahren treu, weil sie profitabel sind, und wehren sich gegen neue Methoden und Technologien, obwohl diese sich vielleicht bewährt und als effektiv erwiesen haben. Ein Arzt, der bei seiner Arbeit wissenschaftliche Hilfsmittel einsetzt, ist deswegen noch lange kein Wissenschaftler – genauso wenig wie eine Schreibkraft durch Verwendung eines Textverarbeitungsprogramms zu einer Informatikerin wird. Die den Ärzten heute zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Technologien sind sicherlich hervorragend – das Problem ist nur, dass deren Anwendung nur zu häufig primitiv, unerprobt und unwissenschaftlich ist.
Als die Medizin noch eine Wissenschaft war
Vor und während der Renaissance gab es eine Zeit, in der ein Arzt tatsächlich Wissenschaftler und die Medizin eine Wissenschaft war.
Im 13. Jahrhundert lebte Roger Bacon, der Franziskanermönch, dem die Erfindung des Teleskops, des Mikroskops, der Taucherglocke, des Schießpulvers, der Lokomotive, der Flugmaschine und der Brille zugeschrieben wird und der sich darüber beschwert haben soll, dass »die Männer der Medizin Drogen verwenden, deren Wirkung und Preis sie nicht kennen«.
Im 16. Jahrhundert gab es Galilei, den italienischen Wissenschaftler, der auch die Kunst der Medizin studierte und große Schwierigkeiten mit der Kirche bekam, weil er Kopernikus Ansicht unterstützte, dass die Planeten sich um die Sonne drehen (inzwischen ist ihm übrigens offiziell vergeben worden). Ebenfalls im 16. Jahrhundert lebte Andreas Vesalius, der belgische Arzt, dessen Beschreibungen der menschlichen Anatomie einen unschätzbaren Beitrag zur Renaissance der Medizin leisteten. Außerdem waren da noch Franciscus Sylvius, auch als Francois de Bois und Franz de le Boe bekannt, ein deutscher Arzt, Physiologe, Anatom und Chemiker, der glaubte, dass Erkrankungen durch chemische Vorgänge verursacht würden und daher logisch diagnostiziert und behandelt werden könnten; Santorio Santorio, ein italienischer Arzt, Physiker und Physiologe, der die Uhr, das Thermometer und die Waage erfand und als erster wissenschaftliche Hilfsmittel in der medizinischen Praxis anwandte; sowie Michael Servetus, ein spanischer Arzt, der schließlich von den Calvinisten hingerichtet wurde und dessen wichtigster Beitrag zur medizinischen Lehre in seiner Entdeckung des Blutkreislaufes von und zu den Lungen bestand.
Und natürlich gab es Paracelsus, getauft auf den Namen Aureolus Philippus Theophrastus Bombastus von Hohenheim, der durch ganz Europa reiste und gegen medizinische Theorien kämpfte, die er als primitiv, unbewiesen und überholt ansah. Paracelsus, der 1493 geboren wurde und 1541 starb, verwarf die alte Vorstellung, nach der Krankheiten durch eine Störung des inneren Gleichgewichts des Körpers verursacht wurden (merkwürdigerweise ist diese altmodische Vorstellung, die von der Wissenschaft 500 Jahre lang abgelehnt wurde, heute bei einigen Anhängern der alternativen Medizin unter den Ärzten wieder in Mode). Paracelsus behauptete, dass Krankheiten innerhalb bestimmter Organe behandelt werden müssten, und zwar für jedes Organ und jede Krankheit unter Verwendung spezieller chemischer Verbindungen. Er befürwortete Versuche an Patienten, die einer Behandlung bedurften, und verbrannte die alten Lehrwerke, die er für unwissenschaftlich befunden hatte. Paracelsus wollte, dass die Alchemisten ihre endlose Suche nach einem Verfahren aufgaben, mit dem sich aus Blei Gold gewinnen ließ, und ihre Zeit für Experimente zur Zubereitung von Medikamenten nutzten.
Paracelsus wäre entsetzt
Da er am Status quo rüttelte, wurde Paracelsus geächtet, verdammt und angegriffen und aus seinem Heim getrieben. Man unternahm viele Versuche, ihn zum Schweigen zu bringen. Paracelsus, wurde in der Schweiz geboren, dem Sitz vieler der weltgrößten Arzneimittelhersteller, und war in mancherlei Hinsicht der Begründer der pharmazeutischen Industrie. Aber die Arzneimittelindustrie erkennt ihren Mentor auch heutzutage nicht an. Die Industriebosse, die von ihm gehört haben, wissen wahrscheinlich nur zu genau, dass Paracelsus, wenn er heute leben würde, entsetzt von der Industrie wäre, bei deren Aufbau er mitgeholfen hat. (Die Ironie liegt schließlich auch darin, dass, obwohl Paracelsus sein Leben lang versucht hat, die Alchemisten davon zu überzeugen, dass sich Blei nicht in Gold verwandeln lässt, die heutigen Pharmamanager inzwischen sehr wohl wissen, wie man bescheidene Laborprodukte vergoldet.)
Alle diese Männer lebten und arbeiteten im 16. Jahrhundert. Viele von ihnen setzten bei ihrer Arbeit ihr Leben aufs Spiel. Sie waren stolz, furchtlos und verzweifelt auf der Suche nach Erkenntnis. Sie waren die wirklichen Wissenschaftler – sie versuchten, ihre Theorien zu beweisen oder zu widerlegen und waren vor allem bereit, Irrtümer zuzugeben. Sie waren bereit zu experimentieren und ihre Ideen einer genauen Prüfung zu unterziehen.
Heute ähneln moderne Ärzte und medizinische Forscher jedoch mehr Descartes, dem französischen Philosophen des siebzehnten Jahrhunderts, der Experimente nicht zur Wahrheitsfindung, sondern lediglich zur Veranschaulichung seiner Theorien nützte.
Der Mensch als mechanische Konstruktion
Die moderne medizinische Lehre des zwanzigsten Jahrhunderts fundiert auf dem kartesischen Prinzip, dass Körper und Geist zwar verbunden, aber im Grunde genommen getrennte Einheiten sind. Descartes glaubte nicht an eine experimentelle Wissenschaft oder die objektive Beurteilung von Ideen. Er war ein Philosoph, der sich nebenbei mit der Wissenschaft beschäftigte, aber seine Ideen sollten noch für längere Zeit viele Aspekte der medizinischen Theorie und Lehre beherrschen. Er glaubte, dass man den Menschen als eine einfache mechanische Konstruktion betrachten könne, und aus diesem Grund behandeln auch heute noch viele Ärzte die Verletzung oder das mutmaßlich nicht ordnungsgemäß funktionierende Organ, und nicht den Patienten bzw. seine Ängste und Symptome. Die Ärzte veranlassen Labortests und glauben dann, dass sie wissenschaftlich arbeiten, wenn sie Anomalien behandeln.
Da ein Arzt nur eine ungenaue Vorstellung davon hat, was »normale« Blutwerte sind (schließlich misst er immer nur die Blutwerte von kranken Menschen), wird der Erfolg einer Behandlung im allgemeinen daran gemessen, ob er es geschafft hat, die Laborergebnisse zu ändern, und nicht daran, ob der Patient sich besser fühlt. Wenn ein Patient über Schmerzen klagt, führt der Arzt Tests durch, um die Ursache herauszufinden, behandelt aber nicht den Schmerz, da dies die Testergebnisse verfälschen würde. Währenddessen leidet der Patient so stark unter Schmerzen, dass er noch kränker wird. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass der Ruf der modernen Allopathie als heilender Zweig der Wissenschaft immer schneller dahin schmilzt. Zu viele moderne Ärzte können weder heilen noch machen sie sich etwas daraus.
Die heutigen in den Kliniken und in der Forschung tätigen Mediziner gründen ihre Ansichten und Schlussfolgerungen fast ausnahmslos auf subjektive Beobachtungen und fromme Erwartungen – Beobachtungen und Erwartungen, die im allgemeinen auf einer nicht zutreffenden historischen Sicht und experimentellen Erfahrungen mit Mitgliedern einer anderen Spezies basieren.
Aberglaube und Irrtümer
Aberglaube und Verdachtsmomente bilden die wichtigsten Grundpfeiler der Medizin des zwanzigsten Jahrhunderts. Irrtümer werden auf Irrtümer gehäuft, und unbewiesene Theorien werden als Bausteine für neue Ideen verwendet. Annahmen, Vorurteile und Gerüchte kämpfen mit subjektiven Beobachtungen sowie persönlichen Interpretationen von Symptomen und Anzeichen um die Aufmerksamkeit des Arztes. Ein wirklich wissenschaftlich arbeitender Arzt müsste seine persönlichen Ansichten einem durch Analysen und Experimente gewonnenen, unparteiischen Wissen unterordnen. Täte er dies, würde er jedoch seinen geheimnisvollen Nimbus und seine Autorität verlieren, d.h. wichtige traditionelle Waffen des Medizinmanns. Ein Arzt, der Wissenschaftler wird, wird gleichzeitig so etwas wie ein Techniker und verliert seine gottähnliche Macht.
Die modernen Ärzte und Chirurgen sehen den menschlichen Geist und den menschlichen Körper nicht als eine Einheit (deswegen haben sie die Prinzipien der holistischen Medizin auch nur widerwillig angenommen und sind erst recht unfähig zur Behandlung von Krankheiten, die auf Stress beruhen). Sie verlassen sich mehr auf Hoffnungen und Annahmen als auf Beweise und objektive klinische Erfahrungen. Der moderne Kliniker ist genauso engstirnig und von persönlichen Erfahrungen und Interpretationen beeinflusst wie sein Kollege vor zweitausend Jahren.
Bei einer wirklich wissenschaftlichen Vorgehensweise wird eine neu entstandene Idee erst getestet, bevor irgendwelche Schlüsse gezogen werden. Ohne Versuche kann es keine Wissenschaft geben, und eine Idee kann nie mehr als eine Ansicht oder eine Hypothese sein. Wirkliche Wissenschaftler werden alles tun, um ihre eigenen Hypothesen zu widerlegen, indem sie Wahrscheinlichkeitsmomente, Glück, Zufall und Placeboeffekte ausschließen und sich bei ihrer Suche nach der Wahrheit nicht von Stolz, Eitelkeit oder wirtschaftlichem Druck beirren lassen. Leider ist eine solche Hingabe in der Welt der Medizin äußerst selten. Die Ärzte verwechseln nur zu häufig Fallberichte mit Beweisen. Sie räumen zwar ein, dass alle Patienten verschieden sind, ziehen aber dann aus einzelnen, in medizinischen Zeitschriften veröffentlichten Fallberichten Schlüsse in Bezug auf die Behandlung Tausender von Patienten.
Statistiken sind unerlässlich für die Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten, das Treffen von Voraussagen und die Wahl des bestmöglichen Heilmittels, aber die Ärzte verwenden häufig ihre eigenen Interpretationen von Statistiken. So sagt ein Arzt zum Beispiel: »Ich habe in den letzten 5 Jahren 300 Patienten mit dieser Krankheit gesehen, und diese Behandlung oder dieses Heilmittel ist das beste.« Er vergisst dabei, dass es zahlreiche mögliche Heilmittel gibt, die er wahrscheinlich nie in Betracht gezogen hat und dass einige seiner Patienten vielleicht gestorben sind bzw. er vielen von ihnen unter Umständen überhaupt nicht helfen konnte. Wenn Fallberichte subjektiv betrachtet werden, kann und wird der Betrachter oft lügen und verfälschen, um sein Berufsethos zu schützen und seine Eitelkeit zu befriedigen.
Nur 1 % aller Fachartikel sind wissenschaftlich fundiert
Die meisten Patienten nehmen wahrscheinlich an, dass wenn ein Arzt eine anerkannte Behandlungsmethode für eine Krankheit vorschlägt, es sich dabei um eine erprobte, geprüfte und bewährte Behandlungsmethode handelt. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Im British Medical Journal vom Oktober 1991 berichtet der Herausgeber, Dr. Richard Smith, dass es »auf der ganzen Welt vielleicht 30.000 biomedizinische Fachzeitschriften gibt und ihre Zahl seit dem siebzehnten Jahrhundert stetig um etwa 7% pro Jahr angewachsen ist. Aber nur 15% aller medizinischen Eingriffe basieren auf soliden wissenschaftlichen Beweisen« und »nur 1% der Artikel in medizinischen Fachzeitschriften sind wissenschaftlich fundiert.« »Viele unserer Behandlungsmethoden«, sagt Dr. Smith, »sind nie auch nur im geringsten geprüft worden«.
Was ist das für eine Wissenschaft? Wie können sich die Ärzte als Wissenschaftler sehen, wenn sogar die Schulmedizin zugibt, dass sechs von sieben Behandlungsmethoden nicht wissenschaftlich untermauert sind und wenn 99% der Artikel, auf deren Basis klinische Entscheidungen getroffen werden, nicht auf wissenschaftlichen Forschungen beruhen?
Die grausame Wahrheit ist, dass der Großteil aller medizinischen Forschungsprojekte von der Arzneimittelindustrie (bzw. der Lebensmittel-, Tabak- und Alkoholindustrie) organisiert, bezahlt, in Auftrag gegeben oder subventioniert wird. Diese Art von Forschung soll ganz einfach Beweise dafür finden, dass ein neues Produkt von wirtschaftlichem Wert ist. Den Unternehmen, die solche Forschungsprojekte in Auftrag geben, geht es nicht so sehr um Beweise – sie suchen nach Erkenntnissen, mit deren Hilfe sie ihr Produkt verkaufen können. Von Arzneimittelherstellern gesponserte Forschungsprojekte sind mehr auf eine gute Beurteilung des Produkts als auf Wahrheitsfindung aus.
Eine andere Art von Forschung wird von Ärzten oder Wissenschaftlern betrieben, die ihre Karriere vorantreiben möchten. Alle jungen Ärzte und Forscher, die innerhalb des heutigen Medizinbetriebs weiterkommen möchten, müssen so viele wissenschaftliche Arbeiten wie möglich veröffentlichen.
Frank Arnold, ein Chirurg aus Manchester, gab im British Medical Journal in einem ungewöhnlich erfrischenden Artikel zu:
»Der eigentliche, nie erwähnte Zweck vieler medizinischer Doktorarbeiten und Veröffentlichungen ist der, dass sie den Berufungsausschüssen etwas zu beurteilen geben. Aber ist dies ein Kriterium, dass von der Öffentlichkeit, die schließlich für unsere Dienste bezahlt, akzeptiert wird? Würde ich mich eher von einem Arzt behandeln lassen, der 15 Arbeiten veröffentlicht hat, als von einem, der nur 14 vorweisen kann?«
Eine in London ansässige praktische Ärztin berichtet, dass ihr von einem Kollegen geraten wurde:
»Finde irgendwas, was du messen kannst und dann miss, bis du genug Werte zusammen hast, um sechs Punkte in ein Diagramm einzuzeichnen. Und dann fang an, Zusammenfassungen vorzulegen, denn wenn du dich für eine Stelle im Krankenhaus bewirbst, brauchst du mindestens 10 Veröffentlichungen, um auf die Liste zu kommen«.
Die Ärztin behauptet, dass derselbe Krankenhausarzt ihr außerdem anbot, ihren Namen auf alle Veröffentlichungen seines Labors zu setzen, wenn sie dasselbe für ihn tun würde.
Behandlungsmethoden werden nicht überprüft
Die traurige Wahrheit ist, dass die modernen Ärzte ihre Behandlungsmethoden nicht überprüfen und dies auch nicht wollen. Falls wirklich einmal jemand vorschlägt, dass sie ihre Behandlungsmethoden einer wirklichen, wissenschaftlichen Analyse unterziehen, schlagen sie entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen und behaupten, es wäre unethisch, Behandlungsmethoden zu testen, da den Patienten dann vielleicht jede Hilfe vorenthalten bliebe. Sie behaupten, dass ihre Behandlungsmethoden keiner Prüfung bedürfen, da sie »wissen«, dass sie die gewünschte Wirkung haben. Die moderne medizinische Ausbildung basiert eher auf Erklärungen und Ansichten als auf Forschung und wissenschaftlicher Erfahrung. Die Studenten werden an den Universitäten mit Informationen bombardiert, haben aber nicht die Zeit oder die Möglichkeit, die ex-cathedra-Aussagen zu hinterfragen, die von einer archaischen medizinischen Kultur gemacht werden. Die angewandten Arzneimittel und Geräte sind vielleicht mit Hilfe von wissenschaftlichen Methoden entwickelt worden, aber die Art und Weise, wie sie verwendet werden, lässt sich ganz sicher nicht als wissenschaftlich bezeichnen.
Wenn die Medizin eine Wissenschaft wäre, bekäme ein Patient, der beim Arzt über ein Symptom klagt, die beste bewährte Behandlung, nämlich eine Behandlung, die spezifisch auf die jeweilige Krankheit ausgerichtet ist. Behandlungsmethoden für spezifische Symptome wären genau vorauskalkulierbar, und diagnostische Fähigkeiten wären, da sie auf wissenschaftlichen Methoden basierten, innerhalb bestimmter anerkannter Grenzen verlässlich. Aber dem ist nicht so. In einigen Bereichen der Medizin arbeiten die Spezialisten auf eine Art und Weise, die man als pseudowissenschaftlich betrachten würde, wenn diese Ärzte nicht über von der Schulmedizin anerkannte Qualifikationen verfügen würden.
Es werden immer wieder in großem Stil neue Behandlungsmethoden und neue Techniken eingeführt, ohne dass diese irgendwie wissenschaftlich untermauert wären und ohne dass die Ärzte etwas über die wahrscheinlichen, langfristigen Konsequenzen wüssten. Anstatt zu experimentieren und dann erprobte und verlässliche Methoden anzuwenden, benutzen die modernen Mediziner alle ihre Patienten als Versuchskaninchen und praktizieren ihre schwarze Kunst als einen internationalen Großversuch.
Skrupellose Verschreibung von Pillen
Millionen von Patientinnen wurden jahrelang hochdosierte Verhütungsmittel verschrieben, ohne dass irgend jemand etwa über die wahrscheinlichen Folgen wusste. Als erkennbar wurde, dass diese Pillen Hunderte von Frauen das Leben kosteten, wurden niedriger dosierte Pillen auf den Markt gebracht. Ich habe schon in den sechziger Jahren als Medizinstudent darauf hingewiesen, dass wir nicht wissen, welche Wirkung die Pille auf die Kinder der Frauen hat, die sie eingenommen haben. Die Medizin sieht keine Katastrophen voraus – sie reagiert nur auf sie. Eine solche Haltung kann man nur schwerlich als »wissenschaftlich« bezeichnen.
Anhand von drei spezifischen Beispielen lässt sich hervorragend veranschaulichen, wie medizinische Methoden in großem Stil anerkannt werden, ohne dass die Ärzte auch nur die geringste Vorstellung davon haben, was mit den betroffenen Patienten geschehen wird.
Da wäre erstens die Verwendung von Arzneimitteln zur Senkung des Cholesterinspiegels.
Wenn man einen hohen Cholesterinspiegel hat, sollte man dann versuchen, dies zu ändern – notfalls mit Hilfe eines Medikaments? Oder sind mit der Senkung des Cholesterinspiegels sogar noch mehr Risiken verbunden als mit dem erhöhten Wert an sich?
Es wird Sie vielleicht überraschen, aber diese Fragen können nicht zufriedenstellend beantwortet werden.
Es war jahrelang offensichtlich, dass Langzeitbeschwerden wie Arthritis und hoher Blutdruck von der Arzneimittelindustrie sehr geschätzt werden. Diese Langzeitbeschwerden bedürfen einer Langzeitbehandlung – und die Arzneimittelindustrie macht das wirklich große Geld mit dem Verkauf von Medikamenten, die über eine längere Zeit hinweg eingenommen werden.
(Wenn ich in sehr zynischer Stimmung bin, frage ich mich oft, was geschehen würde, wenn ein Arzneimittelhersteller eines Tages ein echtes Heilmittel für eine dieser Langzeitbeschwerden fände. Die internationale Arzneimittelindustrie ist meiner Ansicht nach rücksichtslos. Diese Rücksichtslosigkeit zeigt sich unter anderem in der Art und Weise, wie Märkte geschaffen werden, wo keine sind, nur um große Profite zu machen. Die Frage ist also, ob die Arzneimittelindustrie das Heilmittel vertreiben, und damit einen riesigen Milliardenmarkt ruinieren würde, oder ob sie die Entdeckung einfach aufkaufen würde, um sich die Profite zu erhalten.)
Pillen zur Senkung des Cholesterinspiegels
Unter den in jüngster Zeit entwickelten Medikamenten sind es vor allem die Produkte zur Senkung des Cholesterinspiegels, die der Arzneimittelindustrie ein Vermögen einbringen könnten.
Viele Ärzte und Patienten haben jahrelang geglaubt, dass Personen mit einem hohen Cholesterinspiegel mit größerer Wahrscheinlichkeit unter Herzbeschwerden oder hohem Blutdruck leiden sowie ein erhöhtes Schlaganfallrisiko tragen.
Es wurden Millionen ausgegeben, um den Cholesterinspiegel der Patienten festzustellen, und viele Patienten sind vor Angst fast gestorben, wenn ihnen gesagt wurde, dass ihr Cholesterinspiegel zu hoch sei. Diese Entwicklung führte dazu, dass die Arzneimittelindustrie in den letzten Jahren die massenhafte Einführung von Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels vorbereitet hat. Die Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Arzneimittelhersteller lieben sie, weil sie auf lange Sicht einen riesigen internationalen Markt eröffnen, und die Industrie liebt nun mal riesige internationale Märkte. Und die Patienten nehmen nur zu gern eine Pille zur Senkung ihres Cholesterinspiegels ein, denn sie glauben, dass ein hoher Cholesterinwert ein hohes Schlaganfallrisiko bedeutet, möchten aber gleichzeitig nicht auf die fetthaltigen Nahrungsmittel verzichten, die den Cholesterinspiegel erhöhen.
Ich glaube daher, dass die Arzneimittelindustrie in den neunziger Jahren ihre größten Wachstumserfolge wahrscheinlich mit dem Verkauf von Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels erzielen wird. Es gibt erste Anzeichen dafür, dass diese explosionsartige Entwicklung bereits begonnen hat.
Zwischen 1986 und 1990 hat sich in Großbritannien die Anzahl der verschriebenen Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels verdreifacht.
Für das Gesundheitswesen und die Regierungen vieler Länder auf der ganzen Welt wird das Verschreiben von Medikamenten zur Senkung des Cholesterinspiegels eine teure Angelegenheit werden. Man wird viele scheinbar gesunde Bürger zu regelmäßigen Pillenschluckern machen, und die Profite der internationalen Arzneimittelhersteller werden in die Milliarden gehen.
Aber selbst wenn man einmal davon absieht, dass viele Menschen ihren Cholesterinspiegel auch durch eine vernünftigere Ernährungsweise normalisieren könnten, stellt sich immer noch die Frage, ob die mit einer Langzeiteinnahme verbundenen Risiken annehmbar sind. Die Antwort lautet mit fast 100 %iger Sicherheit: »Darüber ist nichts bekannt« .
Trotz der Tatsache, dass diese Arzneimittel bereits in großen Mengen verschrieben werden – auch viele Leser dieser Zeitschrift nehmen wahrscheinlich schon Medikamente zur Senkung ihres Cholesterinspiegels ein – scheint bisher niemand mit Sicherheit sagen zu können, ob diese Medikamente es wirklich wert sind, verschrieben zu werden.
Mehrere bereits geführte Prozesse deuten darauf hin, dass Patienten, die Medikamente zur Senkung ihres Cholesterinspiegels nehmen, eher kürzer als länger leben und dass die Entscheidung zugunsten dieser Behandlung nicht immer klug ist.
Bei geringeren Cholesterinwerten erhöhte Mortalität
Der Autor eines jüngst im British Medical Journal erschienenen Berichts kommt zu den Schluss, dass »verschiedene Studien über Patienten, die an Tests teilnahmen, bei denen die Konzentration von Cholesterin im Blut entweder über die Ernährung oder medikamentös gesenkt wurde, eine erhöhte Mortalität aufgrund von Verletzungen und nicht krankheitsbezogenen Ursachen gezeigt haben«.
Gunnar Lindberg, Oberarzt am Centre for Public Health Research, Karlstad, Schweden; Lennart Rastam, Dozent für Familienmedizin, und Bo Gullberg, Dozent für medizinische Statistik, beide am Department of Community Health Sciences der Universität Lund in Schweden, sowie Gunnar A. Eklund, Professor für Epidemiologie am Department of Cancer Epidemiology, Radiumhemmet, Karolinska Hospital, Schweden, haben in einem gemeinsamen Bericht die Möglichkeit geprüft, ob zwischen einem niedrigen Cholesterinspiegel und dem Tod durch Verletzungen oder Selbstmord ein Zusammenhang bestehen könnte.
Sie fanden heraus, dass ein Tod durch Verletzungen, insbesondere durch Selbstmord, bei Menschen mit einem niedrigen Cholesterinspiegel häufiger anzutreffen ist.
Dies könnte nach Dr. Engelbergs Ansicht darauf hindeuten, dass Menschen mit einem gesenkten Cholesterinspiegel »ihre Aggressionen schlechter unterdrücken können«.
Von der World Health Organisation durchgeführte Versuche mit dem Medikament Clofibrat konnten die Annahme nicht bestätigen, dass Arzneimittel zur Senkung des Cholesterinspiegels die Sterblichkeitsrate bei Herzkranken reduzieren könnten und warfen neue Fragen hinsichtlich der Rolle dieser Medikamente auf.
Ein Leitartikel des British Medical Journal stellte die Frage:
»Wenn Clofibrat das Sterblichkeitsrisiko erhöht, sollte es dann zur Behandlung von Lipoidstörungen verwendet werden?«
Matthew G. Dunnigan, Facharzt am Stobhill General Hospital in Glasgow, kommt zu dem Schluss, dass »das Fehlen von Hinweisen auf eine erhebliche Reduzierung von Todesfällen aller Art durch lipoidsenkende Medikamente, insbesondere bei Versuchen zur Primärprävention, darauf hindeutet, dass eine positive Wirkung von lipoidreduzierenden Medikamenten auf Todesfälle aller Art bestenfalls gering und von nur marginalem Nutzen für den Patienten ist«.
Einige Ärzte sind sogar der Ansicht, dass ein zu niedriger Cholesterinspiegel zu einem erhöhten Krebsrisiko führen kann.
Ich glaube nicht, dass irgendjemand mit Sicherheit weiß, ob es sich lohnt, Medikamente zur Senkung des Lipoid- oder Cholesterinspiegels im Blut einzunehmen.
Aber die Ärzte, ermutigt von den Arzneimittelherstellern, verschreiben weiterhin eifrig Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels.
Chirurgische Experimente an Männern und Frauen
Ich habe bewusst ein chirurgisches »Experiment« ausgewählt, das männliche Patienten betrifft – die Vasektomie – und eines, das weibliche Patienten betrifft – die Brustvergrößerung. Es handelt sich hier um zwei Beispiele für weitverbreitete medizinische Eingriffe von zweifelhafter Sicherheit. Beide Experimente sind chirurgische Eingriffe, die an gesunden jungen Erwachsenen vorgenommen werden. Man sollte daher annehmen, dass die Chirurgen ganz besonderen Wert darauf legen, dass das Risiko von nachteiligen Auswirkungen, wenn möglich, ganz ausgeschlossen wird.
Die Vasektomie oder Sterilisation des Mannes erfreut sich seit Jahrzehnten großer Beliebtheit, und auf der ganzen Welt haben sich bereits viele Millionen Männer dieser Operation unterzogen. Es handelt sich hierbei um einen relativ schnellen und einfachen chirurgischen Eingriff, und die Zahl der Männer, die ihn vornehmen lassen, wächst stetig. Die Tuben, die von den Hoden (wo die Spermien produziert werden) zum Penis führen, werden dabei einfach durchtrennt oder versiegelt, so dass keine Spermien mehr durchdringen können. Man nimmt an, dass sich bis Ende 1991 weltweit etwa 50 Millionen junge und gesunde Männer dieser Operation unterzogen haben.
In den letzten Jahren sind den Ärzten jedoch Zweifel hinsichtlich der Sicherheit der Operation gekommen. Es sind einige unabhängige Studien veröffentlicht worden, aus denen hervorgeht, dass es einen Zusammenhang zwischen dieser Operation und Hoden- oder Prostatakrebs, Herzkrankheit, immunologischen Störungen, Abklingen des Geschlechtstriebs oder vorzeitigem Altern geben könnte. Insbesondere der mögliche Zusammenhang mit Krebserkrankungen ist beunruhigend. Eine Studie hat beispielsweise gezeigt, dass von 3.000 schottischen Männern, die sich einer Vasektomie unterzogen hatten, 8 innerhalb von vier Jahren nach der Operation an Hodenkrebs erkrankt sind.
In Anbetracht der Zahl der betroffenen Männer sowie der Tatsache, dass die Operation an gesunden, jungen Männern vorgenommen wurde und immer noch wird, sollte man annehmen, dass ein Berufsstand von Wissenschaftlern der Operation solange Einhalt gebieten würde, bis alle Risiken genau geklärt worden sind. Dies ist jedoch in keinster Weise der Fall. Die Operation wird immer noch mit derselben Begeisterung wie vorher durchgeführt, und soweit ich weiß, hat bisher auch niemand vor, die Erfahrungen aus aller Welt zu sammeln, um die genauen Risiken des Eingriffe herauszufinden.
Brust-Vergößerungs-Operation
Die Tatsache, dass eine Operation zur Brustvergrößerung mit Hilfe von Silikonimplantaten echte Gefahren bergen könnte, wurde der Öffentlichkeit erst Anfang 1992 schlagartig bewusst – obwohl die Brustvergrößerung genauso wie die Vasektomie bereits seit mehreren Jahrzehnten sehr beliebt war und die ersten Zweifel an der Ungefährlichkeit der Operation schon viele Jahre vorher geäußert worden waren.
Als üppige Oberweiten die große Mode wurden, war den Chirurgen von Anfang an klar, dass dies ein ausgezeichnetes Geschäft werden könnte. Sie bemühten sich daher auch sehr um eine Rechtfertigung für etwas, das für manche Zyniker nur eine Gelegenheit zum Geldverdienen war.
Anfang der achtziger Jahre behauptete die American Society of Plastic and Reconstructive Surgeons, dass »eine wachsende Menge von stichhaltigem medizinischen Datenmaterial darauf hindeutet, dass diese Missbildungen (kleine Brüste) tatsächlich eine Krankheit darstellen«. Die kosmetischen Chirurgen gaben der Krankheit einen Namen – Mikromastie – und taten ihr Bestes, um sie auszurotten. Man schätzt, dass die Schönheitschirurgen in den letzten dreißig Jahren allein in Amerika mehr als zwei Millionen Opfer von Mikromastie ausfindig gemacht und »geheilt« haben.
Ursprünglich haben Chirurgen Silikon direkt in die Brust injiziert. Die mit diesem Verfahren verbundenen Probleme ließen jedoch nicht lange auf sich warten. In zahlreichen Fällen streute das Silikon im Körper des Empfängers und löste entsprechende Reaktionen aus. Damit nicht genug, kam es durch den Abbau des Silikons auch zu einer raschen Schrumpfung der «verschönerten« Brust. Auf der Suche nach einem sichereren Verfahren gingen Chirurgen dazu über, das Silikon mit Hilfe von kleinen Plastiksäckchen zu implantieren.
Nach 30 Jahren Anwendung noch kein statistisches Material!
Gegen Ende des Jahres 1991 und zu Beginn von 1992 entstand jedoch eine große Kontroverse über die Sicherheit dieser Implantate.
Nach Schätzungen der angesehenen US Citizen Health Research Group hatten 155.500 Frauen Probleme mit rissigen Implantaten oder Infektionen erlebt. 123.300 Frauen litten an verhärteten Brüsten, während über 250.000 dieser Frauen angaben, sich mit ihren Implantaten unwohl zu fühlen.
Während Vertreter der Ärzteschaft erklärten, es gebe keine Beweise für gesundheitsschädigende Wirkungen der Implantate, hat ein Sprecher der amerikanischen Lebensmittelbehörde (FDA) zugegeben, von »dem Mangel an statistischem Material« beeindruckt zu sein, und fügte hinzu
»im Jahr 1991, also nach 30 Jahren Anwendung, haben wir immer noch keine Daten … wir müssen dieser Sache auf den Grund gehen«.
Schätzungen zufolge beziehen 15.000 amerikanische Chirurgen einen erheblichen Teil ihres Einkommens aus Leistungen, die sie im Bereich der kosmetischen Chirurgie erbringen.
Im November 1991 hat ein Beratungskomitee der amerikanischen Lebensmittelbehörde (FDA) empfohlen, die Implantate auf dem Mark zu lassen, trotz des Mangels an Beweisen für ihre Unbedenklichkeit. Da die Implantate vor der Verabschiedung eines Gesetzes im Jahr 1976, das die Erbringung eines Nachweises für Unbedenklichkeit und Wirksamkeit solcher Verfahren vorschrieb, auf den Markt gebracht wurden, hatten sie keinerlei behörderliche Zulassungsverfahren durchlaufen.
Am 6. Januar 1992 hat die FDA die Ärzte gebeten, solange vom Einsatz der Silikon-Gel-Implantate abzusehen, bis neues Beweismaterial, das auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Gel und Autoimmunreaktionen oder Bindegewebsstörungen hinwies, geprüft werden konnte. Der FDA-Beauftragte erklärte, seine Behörde habe Studienberichte erhalten, die bislang von Dow Corning Wright, dem größten Hersteller der Silikonimplantate, nicht zugänglich gemacht worden waren. Es gab jedoch auch Behörden, die sich weniger besorgt zeigten. So wandte sich der oberste Amtsarzt des britischen Gesundheitsdienstes am 27. Januar 1992 in einem Schreiben an die Ärzteschaft:
» … gibt es keinen Grund, zu einer allgemeinen Änderung dieser Form von chirurgischen Eingriffen in Großbritannien zu raten. Die Entscheidung für einen solchen chirurgischen Eingriff ist Sache der Patientinnen nach Einholung des ärztlichen Rates«.
Darüber hinaus gab der Amtsarzt an, von der FDA entsprechende Informationen angefordert zu haben – derselben FDA, die den amerikanischen Chirurgen angewiesen hatte, vom Gebrauch der Silikonimplantate zunächst abzusehen.
Das Problem bestand darin, dass sogar nach 30 Jahren Einsatz die Frage noch immer ungeklärt blieb, welche Wirkungen das ausgetretene Silikon im Körper hervorruft, obwohl Berichte über Schwäche, Schädigungen des Immunsystems, Gedächtnisschwäche, Müdigkeit, chronische grippeähnliche Erkrankungen und weiteres vorlagen.
Ende Februar lag dem FDA die Empfehlung vor, kontrollierte klinische Versuche zur Risikoabschätzung von Silikonimplantate durchzuführen. Die Frage, warum klinische Versuche nicht bereits 30 Jahre früher, und zwar von den Chirurgen, die dieses Verfahren als erste aufgegriffen hatten, durchgeführt worden sind, erscheint mehr als gerechtfertigt. Zumindest kann es keinen Zweifel geben, dass ein korrekter wissenschaftlicher Ansatz kontrollierte Studien mit eingeschlossen hätte. (Wir wollen die Frage nach der Zweckmäßigkeit solcher Operationen hier ausgeklammert lassen).
Es gibt in der Medizin keine Gewissheit
Der Mangel an wissenschaftlichen Beweisen, die medizinische Praktiken untermauern, ist in allen Bereichen der Medizin nicht zu übersehen. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, gibt es keine Gewissheiten in der Medizin. Was einem Patienten verordnet wird, hängt mehr vom Zufall und den persönlichen Vorurteilen des einzelnen Arztes ab als von der Wissenschaft. Dieses Problem ist natürlich alles andere als neu.
In der Einleitung zu seinem Bühnenstück »The Doctor’s Dilemma« verweist George Bernard Shaw auf ein Ereignis, das sich zur Zeit der ersten großen Grippeepidemie am Ende des neunzehnten Jahrhunderts ereignet hat. Eine Londoner Abendzeitung hatte einen Journalisten beauftragt, alle großen Koryphäen der damaligen Zeit als Patienten aufzusuchen. Die erteilten Ratschläge und ärztlichen Verordnungen wurden dann in der Zeitung veröffentlicht.
Obwohl diese ganze Vorgehensweise von den medizinischen Fachzeitschriften als unverzeihlicher Vertrauensbruch angeprangert wurde, waren die Ergebnisse frappierend. Obwohl der Journalist jedesmal genau dieselben Beschwerden angeführt hatte, erteilte jeder Arzt andere Ratschläge und traf andere Verordnungen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Auch in der heutigen Medizin, die sich einer noch nie dagewesenen Hochtechnologie bedienen kann, gibt es viele, fast endlose Variationen hinsichtlich der Behandlungsverfahren, die von unterschiedlichen Ärzten bevorzugt werden.
Ärzte treffen unterschiedliche Verordnungen für identische Symptome; die Dauer des Krankenhausaufenthalts, die sie ihren Patienten anordnen, weist extrem große Schwankungen auf, während verschiedene Arten von Operationen an Patienten mit offensichtlich identischen Problemen durchgeführt werden.
Es gibt, wie es scheint, keine Gewissheiten in der Medizin. Jedes Jahr unterziehen sich 61 von 100.000 Amerikanern einer Bypass-Operation. In Großbritannien sind es lediglich sechs von 100.000 Einwohnern, in Japan hingegen kommt nur eine Operation auf 100.000 Personen. In den Vereinigten Staaten und Dänemark wird sieben von zehn Frauen im Verlauf ihres Lebens die Gebärmutter operativ entfernt, während in England nur zwei von zehn Frauen sich dieser Operation unterziehen. Woher kommen solche Unterschiede? Werden zu viele dieser Operationen in den Vereinigten Staaten durchgeführt, oder in Großbritannien zu wenige? In den Vereinigten Staaten kommt eines von fünf Neugeborenen durch Kaiserschnitt auf die Welt. In England und Wales kommen nur 9% der Kinder durch einen Kaiserschnitt auf die Welt. In Japan liegt der Anteil bei 8%.
Nur subjektive Meinungen – keine objektiven Kriterien
Auch innerhalb bestimmter Krankenhäuser sind große Abweichungen der fachlichen Ansichten unter den Ärzten an der Tagesordnung. Es gibt Hals-, Nasen- und Ohrenspezialisten die immer noch die Meinung vertreten, Mandeln und Rachenmandeln sollten bei der erstbesten Möglichkeit entfernt werden, während andere Fachärzte diese Eingriffe als nutzlos oder gar gefährlich betrachten und nur in seltenen Fällen dazu raten. Es gibt Chirurgen, die eine Gallenblase durch einen winzigen Einschnitt entfernen, während andere Chirurgen wiederum sehr große Schnitte bevorzugen. Manche Ärzte empfehlen ihren Magengeschwürpatienten eine auf Milchprodukte basierende Diät, obwohl andere Ärzte eine solche Ernährungsweise für restlos überholt halten. Trotz all dieser therapeutischen Abweichungen sind die meisten Ärzte der Ansicht, ihre Behandlungsmethoden wären unanfechtbar.
Man erlebt es leider immer wieder, dass Haus- und Krankenhausärzte ihre Entscheidungen so verkünden, als würden diese anschließend für alle Ewigkeit auf Marmortafeln eingemeißelt werden.
Eine nüchterne Betrachtung der Sachlage zeigt, dass die meisten therapeutischen Entscheidungen auf einer wissenschaftlichen Basis getroffen werden, die sich größtenteils aus Vermutungen, persönlicher Erfahrung, Intuition und Vorurteilen zusammensetzt.
Unnötige Brust-Operationen bei Frauen
Der traurigste und zugleich besorgniserregendste Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass so viele moderne Behandlungsformen potentiell gefährlich, bzw. mit erheblichen Nebenwirkungen behaftet sind. Wie oft führt der Missbrauch der medizinischen Wissenschaft zu persönlichen Tragödien.
Nehmen wir Brustkrebs als Beispiel. Noch vor wenigen Jahren galt die Totalmastektomie, die Entfernung der weiblichen Brust zusammen mit dem umliegenden Gewebe und dem darunterliegenden Muskel als die Behandlung der Wahl. Dieser radikale Eingriff kommt einer Verunstaltung der betroffenen Personen gleich. In der Zwischenzeit (nachdem einige Forschungsarbeiten vorliegen) hat es sich herausgestellt, dass dieses Verfahren weder von nachweisbaren Nutzen, noch erfolgreicher ist als weniger radikale chirurgische Eingriffe. Bedauerlicherweise wird diese Radikaloperation immer noch von Tausenden von Ärzten praktiziert, wohl aus dem guten Grund, dass man es immer schon so und nicht anders gemacht hat. Wie kann man ein erwiesenermaßen nutzloses und brutales Verfahren im Namen der Wissenschaft weiterpraktizieren?
Solche nutzlosen und gefährlichen Behandlungsmethoden sind leider keine Seltenheit und werden in vielen Fällen über Jahre beibehalten. Wenn Chirurgen unter Druck gesetzt werden und zu den angewandten Methoden entsprechende Erklärungen abgeben oder Beweise liefern sollen, werden diese häufig mit der Bemerkung verteidigt, sie würden nach »klinischem Urteilsvermögen« angewandt. Dies mag zwar nach einer fachlichen fundierten Entscheidung klingen, bedeutet aber im Klartext, dass der betreffende Chirurg feste Ansichten hat und nicht bereit ist, auf andere Meinungen zu hören.
Im Großen und Ganzen zeigen sich Ärzte wenig erfreut darüber, wenn ihre Behandlungsmethoden einer wissenschaftlichen Nachprüfung unterzogen werden. Es kommt sogar häufig vor, dass Ärzte die Ergebnisse solcher Nachprüfungen ignorieren, wenn die Ergebnisse nicht ihren persönlichen Ansichten entsprechen.
In vielen Fällen weiß niemand warum und ob ein therapeutisches Verfahren funktioniert. Neue Behandlungsmethoden werden so lange ausprobiert, bis sie entweder zu viele Opfer fordern und eingestellt werden müssen, oder eine neues, aufregenderes Konzept vorgebracht wird. Die Arzneimittelhersteller tun das ihre, um diesem unwissenschaftlichen Treiben Vorschub zu leisten, denn sie wissen nur allzu genau, dass eine Medizin, die die Bezeichnung wissenschaftlich wirklich verdient hat, zugleich auch das Ende ihrer gigantischen Renditen einläuten würde.
Aber, aber – werden Sie an dieser Stelle vielleicht einwenden wollen – wenn die therapeutischen Verfahren nicht streng nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten zur Anwendung gelangen, werden die Diagnosen sicherlich in wissenschaftlich einwandfreier Weise getroffen.
50 % der Diagnosen waren falsch
Auch hier spricht die Beweislast gegen eine solche Annahme. Auch hier gibt es keine Gewissheiten in der Medizin.
Wenn wissenschaftliche Methoden angewandt werden, wird es klar, dass die Wahrscheinlichkeit, mit welcher der Arzt den Verlauf einer Krankheit genau prognostizieren kann, nicht größer ist als fünfzig zu fünfzig. In einer kürzlich durchgeführten Studie sind zwei Pathologen auf der Grundlage von 400 post-mortem Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass eine falsche Diagnose bei mehr als der Hälfte der verstorbenen Patienten gestellt worden war. Dies bedeutet wahrscheinlich auch, dass mehr als die Hälfte dieser Personen eine falsche Behandlung erhalten hatten.
Wenn man an die starke Wirksamkeit vieler moderner Medikamente denkt, kann man sich vorstellen, dass ein großer Anteil dieser Patienten nicht an ihrer ursprünglichen Krankheit, sondern an der falschen Behandlung gestorben sind. Wie die Pathologen ebenfalls berichteten, war eine therapeutisch zugängliche Krankheit bei einem von sieben Patienten übersehen worden. So hat man zum Beispiel festgestellt, dass 65 von 134 Fällen von Lungenentzündungen unerkannt geblieben waren, während aus einer Gruppe von 51 Personen, die einen Herzinfarkt erlitten hatten, dies in 18 Fällen von den Ärzten nicht diagnostiziert worden war.
Es hat den Anschein, als nehme die Ignoranz in der medizinischen Praxis bedrohlich zu.
Noch im Jahr 1982 hat eine im »Medical News« erschienene Studie über praktische Ärzte ergeben, dass ein Viertel der befragten praktischen Ärzte den Zusammenhang zwischen Rauchen und Herzkrankheiten entweder nicht kannte, oder nicht daran glaubte, und, man höre und staune, fast zwanzig Prozent sich über den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Rauchen und Lungenkrebs nicht im Klaren waren.
Aus Frankreich gibt es Berichte über die Abschlussprüfungen von Pariser Medizinstudenten. Bei der Auflistung von krebsverursachenden Faktoren haben ein Zehntel der Studenten den Faktor Tabakkonsum übergangen. Im Gegensatz hierzu haben über ein Drittel der Studenten jene Krebsart angeführt, die bei Pferden durch die Reibung mit dem Zaumzeug entsteht.
Bei einer Befragung von 70 praktischen Ärzten stellte Dr. Badal Pal, oberster Registrator in der Abteilung für Rheumatologie am Dryburn Hospital in Durham, fest, dass die Hälfte dieser Personengruppe nur sehr dürftige Kenntnisse von den Inhaltsstoffen der beliebten, steroidfreien entzündungshemmenden Medikamenten hatten – Medikamente, die heute zu den am häufigsten verordneten Präparaten zählen und von einem Millionenheer von Arthritisleidenden regelmäßig eingenommen werden.
Eine andere, vom Royal College of General Practitioners durchgeführte Studie kam zu dem traurigen Ergebnis, dass viele erfahrene Hausärzte unzureichende Kenntnisse von der Diagnose und Behandlung gängiger Krankheiten hatten. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden Fragebögen an 1.400 praktische Ärzte verschickt. Die Fragen betrafen unter anderem häufig auftretende Krankheiten wie Anämie, Mittelohrinfektionen, Drüsenfieber und Gelbsucht.
Dr. William Acheson, oberster Lehrbeauftragter für praktische Medizin an der Manchester University bemängelte, dass viele der Ärzte
»wichtige Antworten schuldig geblieben waren. Einige machten sehr ungewöhnliche Angaben, während andere wiederum völlig falsche Antworten abgaben.«
Nur die Hälfte der befragten Ärzte führten die drei häufigsten Symptome einer Mittelohrinfektion an, während über die Hälfte wichtige Fragen an einen Patienten mit Gelbsucht ausließen.
In diesem Zusammenhang äußerte sich Dr. Donald Alastair Donald, Vorsitzender des Komitees für Weiterbildung in praktischer Medizin, wenig erstaunt über die von der Studie aufgedeckten Mängel. »Jedes Wissen nimmt kontinuierlich ab, wenn es nicht aufgefrischt wird« sagte Dr. Donald und gab zu bedenken, dass »der durchschnittliche praktische Arzt jährlich nicht mehr als vier Stunden mit der Absolvierung von weiterbildenden Kursen beschäftigt ist«.
High-Tech-Zauber ein moderner Hokospukus
Unsere heutige Ärzteschaft gibt sich große Mühe, die schwarze Kunst der Praxis im Glanze der Wissenschaftlichkeit erstrahlen zu lassen. Es entstand eine »Pseudowissenschaft« gigantischen Ausmaßes, die es den Ärzten ermöglicht, sich auf ein gewaltiges medizin- und labortechnisches Instrumentarium zu stützen, mit dessen Hilfe sie ihre therapeutischen Interventionen erklären und ihnen die erforderliche Würde verleihen können.
All dies ist ja keineswegs neu. Die Alchemisten des Mittelalters und die afrikanischen Medizinmänner wussten sehr wohl, mit welchen Worten und Zauberformeln sie die Götter und ihre Magie herbei beschwören konnten und so schufen sie ein geheimes und undurchdringliches Konstrukt aus Heilpflanzen, Gesängen, Tänzen, Fetischen, Beschwörungsformeln und rituellen Gesängen. Man beherrschte sogar schon die Schädeleröffnung.
Unsere heutigen Kliniker können jedoch mit einem High-Tech-Zauber aufwarten, der völlig neue Dimensionen erschließt. Mit einer Bandbreite, die von Laserchirurgie, Psychotherapie, über Computertomographie bis hin zu komplexen Blutuntersuchungen reicht, wird der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit eindrucksvoll untermauert. Dennoch, so undurchdringlich dieses pseudowissenschaftliche Gestrüpp erscheinen mag, so wissenschaftlich einwandfrei die der Medizintechnik zugrundeliegenden Prinzipien auch sein mögen, die praktische Anwendung der Apparate und Verfahren ist wenig mehr als ein Hokuspokus. Die Tatsache, dass Ärzte sich wissenschaftlicher Apparaturen bedienen, macht sie ebenso wenig zu Wissenschaftlern, wie Medizinmänner als solche gelten können, die sich ein Stethoskop umhängen und um ein Mikroskop tanzen.
Wenn die Ärzteschaft sich wenigstens darüber im Klaren wäre, wie wenig unsere Medizin eine echte Wissenschaft ist, und dass sie an einem der größten Täuschungsmanöver in der Geschichte der Menschheit teilnehmen, ließe sich der Schaden in relativ bescheidenen Grenzen halten. Das Problem besteht jedoch darin, dass die große Mehrheit der Ärzte an jene Lügen, die man sie gelehrt hat, durchaus glaubt; mit anderen Worten, sie sind von sich als Wissenschaftler überzeugt, die eine angewandte Wissenschaft praktizieren. Als Medizinstudenten und angehende Ärzte brachte man ihnen bei, dass sie eine wissenschaftliche Disziplin praktizieren werden, und es kann wenig Zweifel geben, dass die meisten von ihnen, wie viel Pannen und Ungereimtheiten es mit den Prinzipien der Wissenschaft auch geben mag, durchaus überzeugt sind, als Wissenschaftler zu handeln.
Die Folgen des modernen Aberglaubens
Eine der Folgen dieses modernen Aberglaubens ist die Anwendung der verfügbaren Technik, ohne allzu viele, und in manchen Fällen gar keine, Gedanken an die betroffenen Patienten zu verschwenden; schließlich hat man gelernt, nicht zuletzt dank der Technik des 20. Jahrhunderts, ein mittelalterliches Autoritätsgebaren mit einem gottähnlichen Überlegenheitsbewusstsein zu verbinden. Das Ergebnis ist ein therapeutisches Chaos.
Patienten werden einer Fülle von meist unnötigen, und teilweise gefährlichen, Untersuchungen und Behandlungsverfahren unterzogen, die von einem Arzt zum anderen natürlich stark variieren, und mehr aufgrund von Vermutungen geplant und definiert werden, anstatt durch eine wissenschaftliche Analyse der Möglichkeiten und Konsequenzen. Um sich vor jenen Ängsten zu schützen, die eine Unwissenheit dieses Ausmaßes allzu verständlicherweise zu schüren vermag, wenden sich viele Ärzte verstärkt der Möglichkeiten der Medizintechnik zu, die ihnen ein Gefühl von Sicherheit vermittelt.
Durch ihre Ausbildung lernen Ärzte, stets nach dem zu fahnden, was als gesichert gelten kann. Dies geht soweit, dass Untersuchungen zu einem reinen Selbstzweck geraten, anstatt als Indikator für eine sinnvolle Therapie zu dienen. Während die Fortschritte der modernen Medizin gefeiert werden, geraten die eigentlichen Bedürfnisse der Patienten immer mehr in den Hintergrund. Anstatt die Leiden der Kranken zu lindern oder gar zu heilen, sind allzu viele Ärzte mehr mit intellektuellen Spielen beschäftigt, die sich um die Erstellung und Analyse von Untersuchungen drehen und mit der notwendigen Hinwendung und Pflege des Patienten nichts zu tun haben.
Es gibt zu viele Patienten, die zu viele Untersuchungen, Diagnosen und Behandlungen durchlaufen und dabei zu wenig echte Pflege, Zuwendung und Unterstützung erfahren haben. Die Behebung von Symptomen ist zum Maß aller Dinge geworden, so dass der Behandlungserfolg eher im Labor als am Krankenbett, am Menschen selbst, ausgemacht wird.
Was ist eigentlich mit unserer Medizin geschehen? Warum wird sie den Maßstäben einer echten Wissenschaft nicht gerecht? Was ist auf den großartigen Fundamenten gewachsen, die im sechzehnten Jahrhundert von Männern wie Bacon, Paracelsus, Vesalius, Santorio Santorio, Michael Servetus, Franciscus Sylvius und Amboise Pare gelegt wurden? Auf diesen Fundamenten haben Größen aufgebaut wie Hermann Boerhave, Professor der Chemie an der Universität Leyden, Robert Boyle, der herausragende englische Chemiker, Giogio Baglivi, ein früher experimenteller Physiologe, der ebenfalls als Arzt und Professor der Anatomie in Rom tätig war, William Harvey, jener Anatom, der im siebzehnten Jahrhundert als erster den Blutkreislauf beschrieben hatte, sowie Bernadino Ramazzine, ein italienischer Professor der Medizin, Begründer der Industriemedizin und der erste Arzt, der seine Patienten routinemäßig nach ihren Arbeitsbedingungen befragte.
Zum Anhängsel der Pharma-Industrie verkommen
Im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert dienten ihre Arbeiten und Schriften als feste Grundlage für die Entwicklung der medizinischen Wissenschaft durch Thomas Addison, William Beaumont, Marie-Francois-Xavier Bichat, Richard Bright, Edwin Chadwick, Marie und Pierre Curie, Jean-Marie Charcot, Carlos Finlay, Paul Ehrlich, William Heberden, John Hunter, Rene Theophile Hyacynthe Laennec, Alphonse Laveran, Joseph Lister, Philippe Pinel, Wilhelm Conrad Röntgen, James Simpson, Ignaz Semmelweiss, John Snow, William Withering, Charles Thackrah und Rudolf Virchow.
Wie konnte dieses großartige wissenschaftliche Gebäude soweit verfallen wie es heute der Fall ist? Warum ist die Medizin des zwanzigsten Jahrhunderts wieder in den Dunstkreis der Hexerei und Schwarzen Magie gerückt?
Die Antwort ist sehr einfach. Im letzten Jahrhundert hat sich die Medizin zu einem Anhängsel der pharmazeutischen Industrie und der Organisationen eines gigantischen, übermächtigen und überaus gewinnträchtigen Gesundheitswesens entwickelt.
Die Medizin hat ihren unabhängigen Status inzwischen verloren. Das Wohl des Patienten liegt weder der Ärzteschaft noch dem Heer der Verkaufs- und Marketingexperten am Herzen, denn die Herren, denen sie dienen, sind anderswo zu suchen. Die Rolle, die den Ärzten heute zukommt, ist die des nützlichen Verbindungsgliedes zwischen der pharmazeutischen Industrie und dem Konsumenten ihrer Erzeugnisse.
Nicht gemeint sind mit diesem Beitrag all jene Naturheilärzte, Ganzheitsmediziner, und Heilpraktiker, die sich gemeinsam mit dem Patienten bemühen, die wahren Ursachen der Krankheit zu finden und entsprechende Behandlungskonzepte zu erarbeiten. Ihre Anzahl nimmt erfreulicherweise stetig zu.