Erhaltung von Struktur und Reduktionskraft des Organismus

Struktur

Ungefähr ein Drittel des menschlichen Körpers besteht aus Bindegewebe.  Binde­gewebe ist ein überall im Körper vorhandenes Gerüstgewebe.  Es wird auch als Zwischenzellgewebe oder extrazelluläre Matrix bezeichnet.  Hauptbestandteil des Bindegewebes ist das Kollagen.  Das Wort „Kollagen“ wurde von dem griechischen Wort „Kolla“ abgeleitet, was „Leim“ bedeutet.  Diese Wortbildung hängt damit zusammen, dass man beim Kochen von Bindegewebe Leim oder Gelatine erhält.  Kollagen ist das Hauptprotein, das die Zellen zusammenhält, stabile Blutgefäße aufbaut, die Grundlage für Struktur und Stabilität der Knochen liefert und bestimmte Hautschichten bildet.  Es ist das Kollagen, das die Stabilität von Geweben und Organen bewirkt.  Gesunde kollagene Bindegewebsfasern weisen eine sehr hohe Zugfestigkeit auf und sind praktisch kaum dehnbar.  Ihre Stabilität ist größer als die von Stahlfasern desselben Substanzgewichts.  Ein Kollagenfaserbündel von 1 mm Durchmesser trägt ein Gewicht von 10 kg.

Die folgende Abbildung zeigt ein dichtes Netz von Bindegewebsfasern, wie man es fast überall im Körper findet.

Bindegewebsfasern durchziehen den Zwischenraum zwischen fast allen Zellen. Diese hier abgebildete Illustration zeigt eine Basalmembran.

In der folgenden Abbildung sieht man die molekulare und die elektronenmikrosko­pische Struktur des Kollagens.  Links befinden sich Modelle des Kollagenmoleküls (also praktisch die stärkste Vergrößerung), in der Mitte eine schematische Darstellung der zu Kollagenfasern zusammengelagerten Kollagenmoleküle – ein Pfeil stellt ein Kollagenmolekül dar – und weiter rechts elektronenmikroskopische Aufnahmen dieser Kollagenfasern – Vergrößerung für Vergrößerung von rechts nach links zueinander in Beziehung gesetzt.

Molekulare Struktur und elektronenmikroskopische Struktur des Kollagens

Man sieht links drei einzelne Stränge (durch unterschiedliche Farben voneinander unterscheidbar).  Jeder dieser einzelnen Proteinstränge besteht aus ungefähr 1000 Aminosäuren bzw. 16000 Atomen.  Die als Bausteine verwendeten Aminosäuren sind hauptsächlich Glycin, Prolin und Hydroxyprolin.  Die drei einzelnen Protein­stränge werden wie die Stränge eines Seils umeinandergewickelt und stellen dann das vollständige Kollagenmolekül dar.

Zur Stabilisierung, damit also die drei Stränge auch zusammenhalten, ist Vitamin C das „Montagewerkzeug“.  Auch die Herstellung der in der Abbildung erkennbaren Querverbindungen, durch die die einzelnen Kollagenmoleküle zu stabilen Fasern verbunden werden, erfolgt durch Vitamin C.

Ein Beispiel für die Verwendung und für die bemerkenswerte Stabilität und Elastizität der Bindegewebsfasern ist die Befestigung der Zähne am Kieferknochen:

Aufhängung des Zahns am Kieferknochen mittels kollagener Fasern [Waldeyer A: Anatomie des Menschen. Berlin, New York: De Gruyter 1974.]

Ein weiterer Einsatzbereich der Bindegewebsfasern ist die Arterienwand. In der folgenden Abbildung erkennt man drei Schichten: oben eine graue, in der Mitte eine überwiegend rötliche, unten wieder eine graue.  Die obere Schicht ist dem Blutstrom zugewandt und besteht hauptsächlich aus Bindegewebsfasern, die mittlere Schicht besteht aus glatten Muskelzellen, die von Bindegewebsfasern durchwoben sind, und die untere Schicht besteht wieder hauptsächlich aus Bindegewebsfasern, die vor­wiegend scherengitterartig angeordnet sind ähnlich den verstärkenden Nylonfasern in der Wand eines Gartenschlauchs.  Solange die Bindegewebsfasern der Arterien­wand stabil sind, besteht für den Körper kein Anlass zu Reparaturmaßnahmen und es entsteht keine Arteriosklerose oder Atherosklerose (zwei verschiedene Wörter für dieselbe Sache).

Struktur der Arterienwand: [Waldeyer A: Anatomie des Menschen. Berlin, New York: De Gruyter 1974.]

Das Kollagen bewirkt, dass der menschliche Körper kein formloser Zellhaufen ist, sondern Form und Stabilität hat und behält.

Die Synthese des Kollagens ist vitamin-C-abhängig.

Steht mehr Vitamin C zur Verfügung, nimmt die Synthese des Kollagens zu.  Das kann man unter anderem an einer Kultur menschlicher Bindegewebszellen zeigen: Setzt man menschliche Bindegewebszellen einer Vitamin-C-Lösung aus, erfolgt eine achtfache Zunahme der Synthese des Kollagens ohne eine Geschwindigkeits­zunahme der Synthese anderer Proteine [Murad et al. 1981].

Die Synthese des Kollagens ist eine der bedeutendsten Synthesen des Körpers.  Ein Mensch, der an Skorbut leidet, hört auf, Kollagen zu erzeugen, und sein Körper löst sich auf – seine Gelenke versagen, weil Knorpel und Bänder geschwächt werden, die Blutgefäße reißen auf, es bilden sich Geschwüre am Gaumen, die Zähne fallen aus, das Immunsystem versagt, und er stirbt [Cameron 1976].

Das Fatale ist, dass der menschliche Organismus an einem Gendefekt leidet, der gemäß derzeitigen wissenschaftlichen Annahmen vor etwa 40 Millionen Jahren eingetreten sein soll.  Aufgrund dieses Gendefekts ist der Mensch (neben einigen Affen und dem Meerschweinchen) nicht mehr in der Lage, selbst Vitamin C herzustellen – in nur wenigen enzymatischen Schritten aus Blutzucker.

Alle anderen Säugetierorganismen stellen pro Tag (auf ein durchschnittliches menschliches Körpergewicht von 70 kg umgerechnet) zwischen 2.000 und 20.000 mg Vitamin C her.  Das ist die in gesunden Tagen hergestellte Menge, in kranken Tagen ist es noch mehr.

Nach neuesten Erkenntnissen liegt der Vitamin-C-Tagesbedarf des Menschen zwischen 2.000 und 20.000 mg – individuell und situationsabhängig unterschiedlich.

Reduktionskraft

Strukturformeln des nicht oxidierten und des oxidierten Vitamin C. Dem oxidierten Vitamin C fehlen im Vergleich zwei Wassersoffatome.

Je entwickelter und je komplizierter damit ein Organismus ist, desto größer muss auch seine Reduktionsfähigkeit, also der Überschuss an Elektronen sein.

  • Krankheit beruht generell auf Oxidation; ein Übermaß an Radikalen ist beteiligt. (Ein Radikal ist ein Atom oder Molekül mit mindestens einem ungepaarten Elektron.)
  • Eine reichliche Versorgung mit einem nicht-toxischen Antioxidans wie Ascorbat (Vitamin C) kann freie Radikale neutralisieren und krankes Gewebe zurückführen in einen reduzierenden Redox-Zustand.
  • Die Antwort eines Gewebes auf Stress, Verletzung oder Insult ist optimal in einer reduzierenden Redox-Umgebung.
  • Ein reduzierender Redox-Zustand, herbeigeführt durch Ascorbat, modifiziert die Signalwirkung freier Radikale und moduliert die Immunantwort des Körpers, indem es Schockzuständen vorbeugt und Entzündung reduziert.

[Hickey S, Roberts H: Ascorbate – The Science of Vitamin C. www.lulu.com.]

An den Werten der folgenden zwei Tabellen sieht man, inwieweit eine dem Organis­mus zur Verfügung stehende, genügend große Menge unverbrauchten (nicht oxidier­ten) Ascorbats (Vitamins C) entscheidend ist für Gesunderhaltung und Genesung.

Die Abkürzung „AA“ in den nachfolgenden zwei Tabellen bedeutet Ascorbat, also unverbrauchtes (nicht oxidiertes) Vitamin C, „DHA“ bedeutet Dehydroascorbat, also verbrauchtes (oxidiertes) Vitamin C.

Hickey S, Roberts H: Ascorbate – The Science of Vitamin C

Im Gegensatz zur linken Formel fehlen ganz oben in der rechten Formel zwei Wasserstoffatome (H). Diese zwei Wasserstoffatome sind verwendet worden, um z.B. irgendeinen oxidierenden Stoff zu „entschärfen“ und damit einer unerwünschten Oxidation und Schädigung körpereigener Moleküle bzw. Zellen vorzubeugen. Das ist das im Zusammenhang mit dem Fachwort „Antioxidans“ immer wieder beschriebene Verfahren und der Nachweis für die Wirksamkeit von Vitamin C im Körper.

Der Quotient bzw. das Verhältnis von Ascorbat zu Dehydroascorbat wird durch die Werte in der Spalte „AA/DHA“ beschrieben.

Ein hoher Wert bedeutet „viel unverbrauchtes Vitamin C und wenig verbrauchtes Vitamin C“, ein niedriger Wert bedeutet „wenig unverbrauchtes Vitamin C, viel verbrauchtes Vitamin C“.

Wie man sieht, geht ein hoher Wert des Quotienten „AA/DHA“ mit Gesundheit einher, ein niedriger mit Krankheit.  Je schlechter der Zustand des Patienten ist, desto niedriger ist der Wert.

Der Patient ist also gesund, wenn viel unverbrauchtes Vitamin C im Körper ist, und er ist krank, wenn wenig unverbrauchtes Vitamin C im Körper ist.

Die folgende Tabelle des Klinikers Prof. Robert Cathcart beruht auf mehreren klinischen Studien mit insgesamt etwa 10.000 Patienten.  Die Dosisangaben beziehen sich auf oral verabreichte Ascorbinsäure.  Hohe orale Einzeldosen können einen vorwiegend osmotisch bedingten Durchfall auslösen.  Die jeweilige Tagesdosis variiert von Person zu Person und wird von Cathcart mit 4 bis 15 g für eine gesunde Person angegeben.  Diese Toleranzgrenze kann bei Patienten, die an schweren Erkrankungen leiden, bis auf über 200 g pro Tag ansteigen.

Hickey S, Roberts H: Ascorbate – The Science of Vitamin C

Vorgehensweise:

Die Dosis wird allmählich gesteigert, bis leichter Durchfall aufzutreten beginnt.  Daraufhin wird die Dosis minimal gesenkt, und zwar gerade so weit, daß kein Durchfall mehr auftritt.  Das ist die individuelle Dosis in der existierenden Krankheitssituation.  Dabei ist besonders bemerkenswert, daß bei Erreichen dieser individuellen und zustandsabhängigen Schwellendosis die Krankheitssymptome weitestgehend abgeschaltet werden, selbst bei schwereren Krankheiten, und der Patient sich relativ wohlfühlt.  Bleibt man jedoch nur leicht unterhalb der individuellen und zustandsabhängigen Schwellendosis, erreicht man meist nur eine geringe Wirkung.  Man kann die Krankheitssymptome praktisch ab- und anschalten um die Schwellendosis herum.  Im Laufe des Abklingens der betreffenden Krankheit muß die Dosis entsprechend gesenkt werden, damit sie sich immer gerade unterhalb der Durchfallgrenze bewegt.

Quellenangaben zur Tabelle: Hickey S, Roberts H: Ascorbate. The Science of Vitamin C. ISBN 1-4116-0724-4. Cathcart RF: Vitamin C titrating to bowel tolerance, anascorbaemia and acute induced scurvy. Medical Hypothesis 1981; 7: 1359-1376.

Zusammenfassung

Genug Vitamin C ist entscheidend für

  • die Bildung und Aufrechterhaltung von Struktur und Stabilität und
  • die Aufrechterhaltung der gesundheits- und lebenserhaltenden Reduktionskraft

des Organismus.

Was „genug“ ist, variiert situations- und belastungsabhängig.

Die lebenserhaltende Eigenproduktion von Vitamin C der Säugetiere liegt, umgerechnet auf ein durchschnittliches menschliches Körpergewicht, in gesunden Tagen zwischen 2 und 20 g.  Situations- und belastungsabhängig kann sie weit darüber liegen.  Diese Werte stellen eine gute Orientierung dar für die Vitamin-C-Menge, die ein Mensch täglich zu sich nehmen sollte, um gesund und leistungsfähig zu bleiben und länger zu leben.

Vitamine produzieren nur teuren Urin. Das ist inzwischen zum geflügelten Wort der Vitamingegner geworden. Das Argument ist höchst beliebt bei allen Vitamingegnern, weil die meisten Menschen dann kein gutes Argument mehr haben. Denn die Grundaussage, dass Vitamine über den Urin wieder ausgeschieden werden, ist einfach richtig. Alle wasserlöslichen Vitamine werden über den Urin ausgeschieden. Alle. Und immer wieder. Alle bedeutet: ohne Ausnahme. Das geschieht immer, ob Sie ergänzende Vitamine einnehmen oder nicht. Alle Vitamine werden im Körper verbraucht und nach getaner Arbeit wieder ausgeschieden.

Aber erst nachdem sie ihren Job getan haben.

Wenn also Vitamin C als eines der wasserlöslichen Vitamine über den Urin ausgeschieden wird, ist das Vitamin zuvor im Körper aktiv gewesen. Sie wissen jetzt, dass es zwei Formen von Vitamin C gibt und welche Bedeutung das Vitamin C im Körper hat.