Kapuzinerkresse
Arzneipflanze des Jahres 2013 ist die Große Kapuzinerkresse.
Die Große Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus L.) ist in Südamerika heimisch. Sie ist der bekannteste Vertreter aus der Familie der Kapuzinerkressegewächse (Tropaeolaceae), die zu den Kreuzblüterartigen (Brassicales) gehören. Der Gattungsname Tropaeolum leitet sich vom griechischen „tropaion“ oder lateinischen „tropaeum“ ab, ein antikes Siegessymbol. Im 17. Jahrhundert kam die Kapuzinerkresse aus Peru nach Europa. Mittlerweile ist sie eine typische Zierpflanze der Bauerngärten. Die auffälligen, großen Blüten, in den Farben gelb, orange oder rot (einfarbig oder gemustert) zeigen sich zwischen Juli und Oktober. Diese Blüten sind auch der Namensgeber der Kapuzinerkresse. Ihr zipfelförmiges Aussehen wurde früher mit den Kapuzen der Kapuzinermönche verglichen. Daher der deutsche Name „Kapuzinerkresse“.
Blüten und Blätter der Kapuzinerkresse sind essbar. Die Kapuzinerkresse schmeckt scharf. Der scharfe Geschmack wird wie bei den verwandten Kreuzblütlern (Kresse, Rettich, Radieschen, Rucola, Meerrettich und Senf) durch Senföle verursacht.
Die Senföle der Kapuzinerkresse haben eine antibiotische und antivirale Wirkung. Sie wirken gegen Pilze, sind entzündungshemmend und regen die Durchblutung an. Daher hat die Kapuzinerkresse einen pharmakologischen Nutzen. Die Kapuzinerkresse ist die Arzneipfalnze des Jahres 2013. Als Heilpflanze hilft die Kapuzinerkresse bei Blasenentzündungen und erkältungsbedingten Erkrankungen (z.B. Bronchitis und Sinusitis). Äußerlich angewendet fördern Senföle die Durchblutung. Senföle können daher bei Prellungen und leichten Sportverletzungen hilfreich sein.
Senföle – verantwortlich für den scharfen Geschmack und die Wirkung von Kapuzinerkresse
Die Senfölglycoside, auch Glucosinolate genannt, sind verantwortlich für den scharfen Geschmack von Senf, Kresse, Kohl, aber auch Meerrettich und Kapuzinerkresse. Senfölglycoside sind schwefel- und stickstoffhaltige chemische Verbindungen, die aus Aminosäuren gebildet werden. Sie zählen zur großen Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe, welche die Pflanzen als konstitutive Abwehrstoffe (Phytoanticipine) gegen Tierfraß bilden und zur Bekämpfung pflanzlicher Pathogene, wie z.B. Bakterien und Pilze. Sie werden in den verschiedensten Bereichen der Pflanze akkumuliert. Es handelt sich hierbei um inaktive Vorstufen, die enzymatisch gespalten werden müssen um ihre biologische Aktivität zu entfalten.
Es gibt rund 120 verschiedene Glucosinolate, die sich nur im Aglykon-Rest unterscheiden. Die zur Biosynthese genutzten Aminosäuren werden zur Klassifizierung der Glucosinolate herangezogen. Man unterscheidet aliphatische und aromatische Glucosinolate, sowie Indolglucosinolate. Aliphatische Glucosinolate leiten sich von den Aminosäuren Alanin, Isoleucin, Methionin oder Valin ab. Aromatischen Glucosinolate werden aus Phenylalanin und Tyrosin gebildet, Indolglucosinolate aus Tryptophan.
Die biologisch inaktiven Glucosinolate werden durch das Enzym Myrosinase (β-Thioglucosidase) gespalten, wodurch die biologisch aktiven Senföle entstehen. Senföle sind meist flüchtig, können in großer Menge die Schleimhäute reizen und schmecken scharf.
Die Glucosinolate und das Spaltungsenzym Myrosinase liegen räumlich voneinander getrennt in Membran umschlossenen Zellkompartimenten vor. Erst durch Verletzung der Zellen (Tierfraß, Kauen oder Schneiden) gelangen Myrosinase und Glucosinolate in Kontakt. Durch die nun erfolgende hydrolytische Spaltung der Glucosinolate entstehen: Glukose, Hydrogensulfat HSO4− und die Aglycone Isothiocyanat, Thiocyanat, Nitril oder auch Oxazolidin-2-thion. Die wichtigsten Spaltprodukte der Glucosinolate von Kapuzinerkresse sind nach derzeitigem Kenntnisstand die Isothiocyanate.
Die Kapuzinerkresse enthält ca. 0,1 % Senfölglukoside, insbesondere Glucotropaeolin. Glucotropaeolin zählt zu den aromatischen Glucosinolaten, mit den Aminosäuren Tyrosin und Phenylalanin als Vorläufer. Es enthält eine Benzylgruppe als Seitenkette. Im Fall einer Gewebsverletzung wird Benzylsenföl freigesetzt, das als Hauptkomponente vor allen das Benzylisothiocyanat enthält.
Wirkspektrum der Senföle (Isothiocyanate) in Kapuzinerkresse
Senföle zählen zu den am besten untersuchten pharmakologisch wirksamen Pflanzensubstanzen. Benzylsenföl dominiert in der Kapuzinerkresse. Zahlreiche Studien belegen die antibakteriellen, antiviralen und antimykotischen Eigenschaften dieser Senföle. Zudem wirken sie entzündungshemmend, durchblutungsfördernd bei äußerer Anwendung und stärken durch eine unspezifische Reizwirkung das Immunsystem.
Studien belegen eine synergistische Wirkung der Senföle. Das heißt kombinierte Senföle verstärken sich in ihrer Wirkung gegenseitig. So wird Kapuzinerkresse oft pharmakologisch gemeinsam mit Meerrettich verwendet.
Senföle wirken:
antibakteriell u.a. gegen: Bacillus subtilis, E. coli, Hämophilus influenzae, Klebsiella, Pseudomonas, Staphylokokken, Streptokokken.
Isothiocyanate beeinträchtigen durch die Reaktion mit Sulfhydrylgruppen von Proteinen (Enzymen) den Zellstoffwechsel der Bakterien und damit deren Wachstum. Die Senföle bekämpfen so Bakterien, die Nasennebenhöhlenerkrankungen (Streptococcus pneumoniae, Hämophilus influenzae, Pseudomonas aeruginosa), Bronchitis (Haemophilus influenzae, Staphylokokken) und Blasenentzündung (Klebsiella pneumoniae) auslösen.
antiviral gegen: H1N1, Influenza, Newcastle, Rhino
Benzylsenföl hemmt die Virussynthese und stört den Stoffwechsel der infizierten Wirtszelle. Dadurch wird die Virusvermehrung gehemmt. Bekämpft werden so Viren, wie der Rhinovirus. Dieser ist hauptverantwortlich für Schnupfen und Erkältungen im Winterhalbjahr. Die Viren können auch Bronchitis auslösen. Außerdem werden Influenzaviren bekämpft, die Verursacher der echten Grippe.
antimykotisch gegen: Candida, Schimmelpilze
Isothiocyanate beeinträchtigen durch die Reaktion mit Sulfhydrylgruppen von Proteinen (Enzyme) den Stoffwechsel von Pilzen und damit deren Wachstum.
immunmodulierend: Die unspezifische Steigerung der Abwehrkräfte wird vermutlich durch die Vermehrung von Botenstoffen des Immunsystems verursacht. Des weiteren inaktivieren Senföle bakterielle Gifte (Toxine).
Verwendung in der Medizin
Senfölglycoside aus Kapuzinerkresse und Meerrettich werden kombiniert in der Medizin als Phytotherapeutikum zur Behandlung und Prophylaxe erkältungsbedingter Erkrankungen der Atemwege, Nasennebenhöhlenentzündung, grippalen Infekten und Infektionen der Harnwege eingesetzt. In der 2017 aktualisierten S3-Leitlinie zur Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird der Einsatz von Arzneimitteln mit Kapuzinerkresse und Meerrettich als pflanzliche Behandlungsmöglichkeit bei häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen ausdrücklich empfohlen. Die S3-Leitlinie zu unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird federführend von der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) sowie Vertretern weiterer medizinischer Fachgesellschaften herausgegeben.
Die Senföle gelangen passiv über das Dünndarmepithel in den menschlichen Körper. Sie werden daher nahezu vollständig resorbiert. Eine Schädigung der im Dickdarm lokalisierten Mikroorganismen (Darmflora) ist somit nicht möglich. Nach der Aufnahme im Dünndarm erfolgt der Transport ins Blut. Dort werden die Senföle an die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sowie Eiweiße des Blutes gebunden und weiter transportiert. So gelangen sie in Niere und Lunge. Dort werden sie in den Harn und die Atemluft abgegeben und können die Krankheitserreger am erkrankten Organ (Lunge, Nase, Nasennebenhöhlen, Harnleiter, Harnblase etc.) bekämpfen.
Außerdem werden Isothiocyanate mit Hilfe von Enzymen im Darm und der Leber um- bzw. abgebaut. Anschließend werden sie über den Harn ausgeschieden. Dieser Abbau findet über den sog. Merkaptursäureweg statt. Dieser repräsentiert einen generellen Stoffwechselweg zur Entgiftung hydrophiler, niedermolekularer Fremdsubstanzen (Xenobiotica) des menschlichen Körpers. Senföl wird enzymatisch mittels Glutathion-S-Transferasen an das Tripeptid Glutathion gebunden. Die dabei entstehenden Merkaptursäurederivate sind wesentlich hydrophiler und werden über die Niere ausgeschieden. Da unter physiologischen Bedingungen im Harn stets ein gewisser Anteil des gebundenen Senföls durch Hydrolysen wieder freigesetzt wird, können sich Senföle anreichern und im Bereich der ableitenden Harnwege die entzündungshemmende Wirkung verstärkt entfalten.
Resistenzen gegen die Inhaltsstoffe wurden bisher selbst nach Langzeittherapie nicht beobachtet und werden auch nicht erwartet.
Hinweise zur Einnahme von Kapuzinerkresse
Für die Anwendung von Kapuzinerkresse Präparaten während der Schwangerschaft oder Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor.
Als Kontraindikationen für die Verwendung von Kapuzinerkresse gelten akute Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre, akute Nierenentzündungen und die Gabe an Kinder unter sechs Jahren. Prinzipiell sollen Zubereitungen aus Kapuzinerkresse bei Kindern unter 12 Jahren nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt angewandt werden.
Als Nebenwirkungen können bei empfindlichen Personen vereinzelt Magen- und Darmbeschwerden, sowie allergische Reaktionen auftreten.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln sind nicht bekannt.
ebundenen Senföls durch Hydrolysen wieder freigesetzt wird, können sich Senföle anreichern und im Bereich der ableitenden Harnwege die entzündungshemmende Wirkung verstärkt entfalten.
Resistenzen gegen die Inhaltsstoffe wurden bisher selbst nach Langzeittherapie nicht beobachtet und werden auch nicht erwartet.